Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 78

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13.37

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen des Nationalrates! Auch ich habe mein Leibchen gekauft; es ist mir nicht geschenkt worden. (Abg. Scheibner: Das ist trotzdem nicht Aufgabe einer karitativen Organisation, für euch die Werbemittel zu finanzieren!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und zu schützen. – Das steht in der europäischen Grundrechts-Charta, die zwar noch nicht geltendes Recht ist, aber als politisches Dokument für die Mitgliedstaaten und Organe der EU gilt. Sie soll auch für die Festlegung von Mindest­standards bezüglich der Aufnahme von AsylwerberInnen in den Mitgliedstaaten der EU als Orientierungsmaßstab und Leitfaden für die innerstaatliche Umsetzung dienen.

Als wir in den letzten Wochen in Österreich über das Asylgesetz beraten haben – Gott sei Dank haben wir auf Initiative der SPÖ das Gesetz nicht vor dem Sommer be­schlossen, sonst hätte es nicht einmal ein Expertenhearing gegeben –, hatte man aller­dings nicht den Eindruck, dass die Damen und Herren der Regierungsparteien diesen Satz gelesen haben. Wenn sie ihn aber gelesen haben, dann habe ich nicht den Ein­druck, dass sie ihn verstanden haben, denn ansonsten könnten sie das Gesetz heute nicht so beschließen, wie es jetzt vorliegt.

Ich höre immer nur von Asylmissbrauch, von Schlepperbanden, ich höre von kriminel­len Fremden, aber ich habe in sehr wenigen Redebeiträgen etwas über die Schicksale der Menschen gehört, die in Österreich Schutz suchen. Ich denke, diese Diskussion müsste auch einmal geführt werden, sehr geehrte Damen und Herren! (Abg. Lentsch: Die kriegen sie auch! – Abg. Schöls: Die bekommen sie ja!)

Sie setzen sich über alle Expertenmeinungen hinweg, die eindeutig aussagen, dass das Asylgesetz gegen die Genfer Flüchtlingskonvention, gegen die Europäische Men­schenrechtskonvention und in einigen Punkten auch gegen die österreichische Verfas­sung verstößt.

Experten sagen auch, dass mit dem Abänderungsantrag, in dem die Bundesbetreu­ungsrichtlinie geändert wurde, mit dem Verfahren über die Unterbringung ein asyl­ähnliches Verfahren geschaffen wird. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist nicht richtig, denn die Asylgründe müssen im Asylverfahren festgestellt werden. – Auch das sagen die Experten, aber Ihnen ist das auch egal. Sie wischen es einfach mit einer Handbewegung weg.

Ich habe mich weiters im Rahmen der Expertenhearings und auch in den Ausschuss­sitzungen sehr darüber gewundert, wie unglaublich über die Experten gesprochen wurde und mit welcher Überheblichkeit geurteilt wurde. Es wurde ihnen die Kompetenz abgesprochen, es wurde ihnen nachgesagt, dass sie nur eine einseitige Sichtweise hätten, und das wird ihnen auch noch schlecht ausgelegt. Das ist ungeheuerlich! Gelten Experten nur dann als Experten, wenn sie Ihre Meinung vertreten, sehr geehrte Damen und Herren von ÖVP und FPÖ?

Die Organisationen sind meiner Meinung nach dazu verpflichtet, aufzuzeigen, was mit den Menschenrechten in Österreich zurzeit passiert und wie es zurzeit um das Rechts­verständnis der Regierungsparteien bestellt ist.

Das Gesetz wird aller Wahrscheinlichkeit nach – wir haben das heute schon gehört – vor dem Verfassungsgericht nicht halten, aber auch das ist Ihnen egal. Bei diesem Ge­setz kommt aber erschwerend hinzu, dass, wenn es dann vielleicht vom Verfassungs­gerichtshof aufgehoben wird, schon Menschen abgeschoben worden sind und diese großen Schaden erleiden. Ich frage mich, ob Sie das wirklich wollen, und ich frage mich, ob Sie das auch verantworten können. (Beifall bei der SPÖ.)

 


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