Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 60

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Diese Meldung wurde einige Minuten später korrigiert. Es heißt nun: „Er habe keine Zeit, fünf Stunden in der Bahn zu sitzen, wenn er es nach Kärnten in zweieinhalb bis drei Stunden mit dem Auto schaffe.“ (Abg. Mag. Wurm: Er lässt sich fahren!)

Herr Finanzminister, das ist purer Zynismus (Abg. Mag. Wurm: Das ist gemeingefähr­lich!), denn die Route zeigen Sie mir, auf der Sie – selbst bis zur Landesgrenze, selbst wenn Sie sämtliche Termine in Kärnten in Wolfsberg haben – von Wien nach Kärnten in zweieinhalb Stunden mit dem Auto fahren! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich kenne die Route über den Semmering, ich kenne die Route über den Wechsel: Wenn Sie die einschlägigen Geschwindigkeitsbeschränkungen einhalten, ist es völlig ausgeschlos­sen, in zweieinhalb Stunden, also in der Hälfte der Zeit, die Sie mit der Bahn brauchen, mit dem Auto nach Kärnten zu fahren. Sie können gesetzwidrig mit Ihrem Dienstwagen dort hinrasen, das können Sie (Bundesminister Mag. Grasser: Stimmt nicht!), aber nicht auf legalem Weg. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn das die Einstellung ist, die ein wichtiger Minister der Bahn gegenüber hat, was wird damit suggeriert? – Jemand, der mit der Bahn fährt, muss entweder Pensionist sein und viel Zeit haben oder ein Kind sein und keinen Führerschein haben. Aber ein Mensch, der etwas auf sich hält – und daher keine Zeit hat wie der Herr Finanz­minister –, muss mit dem Auto auf der Autobahn rasen. – Das ist die Message.

Vor diesem Hintergrund lohnt es sich, einschlägige Daten anzuschauen, Herr Kollege Molterer. Ich kann mich erinnern, dass Sie bezüglich des Gesamtverkehrsplanes noch vor einem halben Jahr, einem Jahr gesagt haben: Ein Drittel der Finanzmittel geht in die Straße, zwei Drittel gehen in die Schiene. – Wahr ist genau das Gegenteil. Genau das Gegenteil! Wenn man sich die Projekte anschaut, bei denen die Finanzierung halb­wegs gesichert erscheint – halbwegs! –, dann ist das Verhältnis zwischen Straßen­ausbau und Schienenausbau 85 Prozent Straße : 15 Prozent Schiene. (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Das stimmt ja gar nicht!) Und da meinen Sie, dass wir an ein Re­formprojekt Bahn glauben sollen? (Abg. Dr. Lichtenberger: Das sind Zahlen der ASFINAG!)

Ich gebe Ihnen gerne die Daten. Das geht aus den Milliarden an Euro hervor, das kann man sich immer noch ausrechnen. (Abg. Mag. Molterer: Der Gesamtverkehrsplan ...!)

Der Gesamtverkehrsplan spricht teilweise eine klare Sprache. Dort, wo er nachvollzieh­bar ist, geht daraus genau hervor, dass in den Augen von ÖVP und FPÖ die Straße absolute Priorität vor der Schiene hat. Und wenn es nach dem Finanzminister geht, muss es ja auch so sein. Das ist ganz klar. (Beifall bei den Grünen.) – Ich habe mir gedacht, 12 Minuten Redezeit sind lang; sie sind natürlich wie immer zu kurz.

Um noch ein paar Worte über den Finanzminister zu verlieren: Es mag schon sein, Herr Kollege Molterer, dass die Budgetlage in Österreich – was den Bund und zumin­dest die Länder betrifft – besser ist als in einigen anderen EU-Staaten beziehungs­weise Staaten in der Euro-Zone. Aber liegt es im Interesse Österreichs, liegt es im Interesse der österreichischen Exportwirtschaft, wenn der Finanzminister in der EU Stimmung dafür macht, dass Deutschland, dass Frankreich, dass Italien, dass alle so genannten Defizitsünder in kürzester Zeit – nämlich schon für das nächste Jahr – ihre Defizite um mindestens einen Prozentpunkt des BIP herunterfahren sollen? (Abg. Mag. Hakl: Ja, natürlich!) Das liegt im österreichischen Interesse? – Das, Frau Kollegin von der ÖVP, würde ich Sie bitten, unserer österreichischen Exportwirtschaft klarzu­machen. Aufträge in Milliardenhöhe gehen auf diese Art für die österreichischen Ex­porteure verloren, wenn sich das durchsetzt. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Und es ist niemand anderer als Finanzminister Grasser, der in diesen Fragen in der EU zu den Hardlinern gehört, der versucht, in einer Rezession, in einer Konjunkturkrise die öffentliche Nachfrage in den wichtigsten Industriestaaten neuerlich zu drosseln. Das


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