Fragen Sie einmal Ihre Kunden bei der ÖBB, ob sie das verstehen. Die Pendler sind verärgert, Familien sind verärgert, Mütter mit kleinen Kindern, die auf die Bahn angewiesen sind, die Schüler und die Lehrlinge, die auf die Bahn angewiesen sind – all ihre Kunden sind verärgert! Aber Kundenfreundlichkeit, das haben Sie ja noch nie verstanden.
Wissen Sie, wer noch verärgert ist? – Einzelne Mitarbeiter bei Ihnen, die das nicht verstehen, die uns Briefe mit Hilferufen schreiben. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Was sie schreiben, lese ich Ihnen vor. (Abg. Verzetnitsch: Wie viele Briefe kriegen Sie denn?) Ein Zugbegleiter schreibt, er muss Ihr Propagandamaterial verteilen und damit die Kunden belästigen; Ihr Propagandamaterial vom ÖGB muss verteilt werden. (Abg. Verzetnitsch: Es wird ihm gedroht vom Vorstand!) Genau, es wird ihm gedroht – Sie wissen es! Sie sagen es selber: Es wird ihm gedroht! (Abg. Verzetnitsch: Vom Vorstand wird ihm gedroht!) Nein!
„Wenn man sich allerdings so verhält wie ich“, schreibt der Zugbegleiter, „und sich an dieser Verteilaktion nicht beteiligt, dann läuft man Gefahr, von Kollegen, die natürlich von der Gewerkschaft sind, verpfiffen zu werden, was eine Einvernahme und zumindest eine Belehrung nach sich zieht, wo für die Dauer eines Jahres“ (Zwischenrufe bei der SPÖ) – warten Sie doch, bevor Sie lachen! –, „wo für die Dauer eines Jahres schriftlich geschrieben steht, dass man ein unzuverlässiger Mitarbeiter ist.“ (Ruf bei der SPÖ: Glauben Sie diesen Blödsinn denn auch noch?) Ich glaube dem, was besorgte Mitarbeiter der ÖBB uns schreiben. Das glaube ich. Ich glaube es ihnen, Sie nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Sie zwingen Mitarbeiter zur Verteilung Ihres Propagandamaterials. So wie Sie die Mitarbeiter zwingen, so wollen Sie auch die Regierung erpressen. Eine Regierung hat noch nie gut daran getan, sich erbrechen, sich erpressen zu lassen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ja, da kommt einem das Brechen, das ist richtig.
Wenn Sie sagen, dass das, was hier mit dem Wachstumspaket gemacht wird, „alte Schlapfen“ sind, dann sage ich Ihnen auch, Kollege Kogler: Viele Menschen in Österreich wären froh, wenn sie alte Schlapfen bekommen würden! Denn es gibt viele, die Probleme haben, sich Schuhe zu kaufen. (Rufe bei der SPÖ: Bartenstein! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Aber wir in der Regierung ziehen den Menschen jedes Jahr mit einem neuen Wachstumspaket neue Schuhe an, damit wir wieder gut und ordentlich vorangehen können.
Wir in der Regierung wollen nicht weiterhin – so wie Sie es alle wollen – Schuldenpolitik, sondern wir wollen die Konjunktur wieder ankurbeln. Sie zerstören die Bahn – wir retten die Bahn und retten damit auch das gesamte Unternehmen. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Sie verärgern Ihre Kunden und somit auch viele von Ihren Mitarbeitern – wir modernisieren die ÖBB, die Bahn, wir wollen ein kundenfreundliches Unternehmen. Sie wollen Ihre Privilegien bewahren, Sie wollen all das bewahren, was Sie sich gemeinsam erarbeitet haben – wir fordern Gerechtigkeit und Privilegienabbau ein.
Deshalb wollen wir auch in Österreich blauen Fortschritt – statt rote Bremser! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
12.26
Präsident Dr. Heinz Fischer: Es ist vereinbart, dass an dieser Stelle der Debatte zwei Stellungnahmen von der Regierungsbank erfolgen können, wenn dies gewünscht wird. Die Redezeit beträgt jeweils 5 Minuten.
Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundeskanzler. Nach ihm wird der Herr Vizekanzler das Wort ergreifen. – Bitte, Herr Bundeskanzler.