Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 100

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Mag. Molterer: In die Wirtschaft hineingreifen – das wollen Sie!) Wer soll da noch in diesem Land ein schlechtes Gewissen haben, wenn das so ungeniert vorgelebt wird. (Abg. Wattaul: Der Kommunismus hat sich nicht bewährt!)

Die einzige Stelle, welche die Regierung früher gehabt hat, die so genannte Pleite­holding, der wir schon einmal einiges zu verdanken hatten, wurde auch abgeschafft, und zwar mit Ihrer Zustimmung, lieber Kollege von der FPÖ! (Beifall bei der SPÖ.) Sie sind mit verantwortlich für das jetzige Debakel.

Der Kreditschutzverband Oberösterreich hat gestern gesagt – und da hat er Recht –, ein gesundes Bein der oberösterreichischen Wirtschaft wurde amputiert. Damit haben sie Recht, das ist überhaupt keine Frage. 473 Menschen, 289 Frauen, 184 Männer, davon 330 Angelernte, stehen auf der Straße, viele Ehepaare, 150 über 40 Jahre, 93 über 50 Jahre – eine Altersarbeitslosigkeit im Lichte von Pensionskürzungen und höhe­rem Pensionsantrittsalter. Die Menschen werden danke sagen.

Der Leitbetrieb des Bezirkes Linz-Land – aber was stört das Sie? –, ein Leitbetrieb Österreichs ist halt wieder einmal kaputtgegangen.

Meine Damen und Herren! Seit 1978 haben uns internationale angebliche Topmanager „überfallen“ wie sprichwörtlich die Termiten, haben uns ausgesaugt, egal, ob aus Deutschland, der Schweiz oder aus Italien. Jedes Mal haben sich das Unternehmen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder hochgearbeitet, aus eigener Kraft, weil das Produkt gestimmt hat, weil die Mitarbeiter gestimmt haben, weil die Ausbildung gestimmt hat. Immer dann, wenn es ein österreichisches Management gegeben hat, ist es gut gegangen.

Jetzt erleben wir den unkontrollierten und ungezügelten Kapitalismus, wie ihn manche in diesem Hohen Haus sehr gerne sehen. Aber eines ist klar: Unfähigkeit ist global, ist international, und mischt man es noch mit neoliberal, sind die Auswirkungen katastro­phal. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Leid und Elend der Beschäftigten ist aber überall auf der Welt gleich. 473 Men­schen werden jetzt dem AMS überantwortet – einem AMS, dem der Herr Finanzminis­ter regelmäßig wichtige Gelder entzieht. Viele der betroffenen Frauen sollen nach Meinung verschiedenster Spezialisten auf Pflegeberufe umgeschult werden. Ich glaube nicht, dass manche eine Ahnung haben, was es bedeutet, auf Pflegeberufe umge­schult zu werden, wie schwer es ist, nach 20 Jahren Arbeit an einer Maschine plötzlich einen Menschen vor sich zu haben und wie „toll“ vor allem die Entlohnung in diesem Bereich ist. Natürlich ist das eine Möglichkeit, aber es wird so dargestellt, als ob unsere 473 Leute im Umfeld von Linz, in dieser großen, prosperierenden Wirtschaftsregion einen anderen adäquaten Arbeitsplatz bekommen würden, so wie es Herr Bartenstein am Sonntag lapidar und beinahe schon zynisch gesagt hat.

Meine Damen und Herren! 490 offene Stellen werden monatlich dem Arbeitsmarkt­service Traun gemeldet, momentan ist aber auch ein fixer Bestand von 2 200 Arbeits­losen vorgemerkt. Derzeit sind 370 Stellen frei, von den Qualifikationen brauchen wir gar nicht zu reden. Drei Viertel aller offenen Stellen für die Frauen im Bezirk sind im Dienstleistungsbereich, und davon sind 53 Prozent Teilzeitjobs. Wie wir wissen, sind in der heutigen Zeit diese nicht familienfreundlich und auch nicht bestens entlohnt.

Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verdienen durchschnittlich 1 200 bis 1 400 € brutto im Monat. Ob dieses Einkommens brauchen Sie jetzt nicht zu weinen.

Sehr viele fragen sich natürlich, wie sie mit diesem wenigen Geld jetzt zu Rande kom­men werden. Wenn künftig insbesondere Frauen drei oder vier Teilzeitjobs brauchen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können, dann ist das sicher kein Ruhmesblatt


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