Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 147

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über die Zeitungen abzuwickeln. Ich habe ja jetzt den Verdacht, nachdem ich Herrn Generalsekretär Lopatka gehört habe, dass Sie das tun, um ihm Stoff für seine Reden im Parlament zu liefern, damit er aus Zeitungen zitieren kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Signale des Einbindens, des Miteinan­der-Redens, die müssen vom Ressort ausgehen, die müssen von der Ressortspitze ausgehen, Herr Bundesminister, sonst wird diese Sicherheitsreform – und das kann ich Ihnen garantieren – im wahrsten Sinne des Wortes in die Hose gehen. Genau das wollen wir nicht! Wir wollen dringend notwendige Reformen durchgeführt haben, und die sollen vorher diskutiert werden, und da sollen Sie nicht polarisieren, sondern ein­binden. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister! Was mir als Mitglied des Innenausschusses – vor allem in den letzten Wochen und Monaten, aber eigentlich schon all die Jahre, seit Sie Minister sind – am meisten zu denken gibt, das ist Ihr Umgang mit dem Rechtsstaat.

Herr Bundesminister! Sie ignorieren beharrlich OGH-Entscheidungen. Sie weigern sich beharrlich, das, was der Oberste Gerichtshof in seinen Entscheidungen feststellt, zu exekutieren. Sie halten beharrlich fest an einer als bereits zweifach rechtswidrig festge­stellten Vorgangsweise.

Herr Bundesminister! Obwohl Sie – was eigentlich Grund zur Hoffnung gab – nach dem zweiten Erkenntnis des Obersten Gerichtshofes zur Bundesbetreuung Ihre Bun­desbetreuungsrichtlinie, die ja schon lange als das erkannt war, was sie tatsächlich ist, nämlich rechtswidrig, was ja dann vom OGH auch bestätigt wurde, zurückgenommen haben, hat das in der Praxis null Folgen gehabt. Es werden nämlich AsylwerberInnen trotz Bedürftigkeit und damit trotz Erfüllung der Kriterien, die nach dem Gesetz notwen­dig sind, in die Bundesbetreuung nicht aufgenommen. Allein stehende Männer, aber auch ganze Familien, Kinder, ja sogar unbegleitete Minderjährige werden in die Bun­desbetreuung nicht aufgenommen! (Bundesminister Dr. Strasser: Das ist nicht wahr!)

Sie schrecken da vor nichts zurück, Herr Bundesminister! Ja ganz im Gegenteil: Sie verharmlosen das Ganze nur! Sie verharmlosen das Ganze, indem Sie der Öffentlich­keit weiszumachen versuchen, dass das immer nur Einzelfälle sind.

Herr Bundesminister! Die Liste, die wir haben – ich weiß nicht, wie Ihr Kabinett arbeitet, aber ich weiß, dass Sie sie auch haben –, und zwar die Liste der kirchlichen Organi­sationen und der nicht kirchlichen NGOs, die uns übermittelt wurde und uns bekannt ist, ist lang. Ihr Verhalten, Herr Bundesminister, ist das typisch negativ-österreichische, feudal-höfische Verhalten, so nach dem Motto: Oje, ein Einzelfall! Na, den lösen wir schon! Wenn es jemandem gelingt, bis zum Ohr des Herrn Bundesministers zu dringen, dann kann man ihm vielleicht helfen.

Herr Bundesminister! Das ist eine Systemfrage! Es ist eine Systemfrage, wenn man beharrlich den Rechtsstaat bricht. Das soll nicht davon abhängen, ob man Ernst Strasser gerade sozusagen am rechten oder am linken Bein, also gut gelaunt oder nicht gut gelaunt erwischt. Das bereitet uns Sorge, Herr Minister! (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich kann Ihnen – und das ist nur ein kleiner Auszug dessen, was an uns herangetragen wurde – ein paar Fälle nennen: Achtköpfige Familie aus dem Libanon, drei minderjährige Kinder, das jüngste fünf – am 4. November nicht auf­genommen; Frau aus Nigeria, Frau aus Ghana, Frau aus Somalia – nicht aufge­nommen; am 5. November achtköpfige tschetschenische Familie nicht aufgenommen; fünfköpfige tschetschenische Familie getrennt: Vater mit zwei Kindern auf die Straße gestellt, der UNHCR interveniert sozusagen bei Hof, und dann darf wenigstens die Frau noch bleiben.

 


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