Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 61

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möchte, bei denen das relativ einfach sein kann, sondern vielleicht auch die Angemes­senheit des Mietzinses, Ablösefragen und das, was es in diesem Bereich noch alles gibt. (Abg. Neudeck: Das ist alles gratis!)

Das ist keine so einfach abschätzbare Materie für den Laien, für eine Mieterin, die keine Anwälte beschäftigt, weil sie eben keine Firma hat, sondern eine normale – unter Anführungszeichen – „Angestellte“ ist, die nicht täglich etwas am Gericht zu tun hat. Ich sage Ihnen eines: Die Scheu, der Respekt und die Hemmschwelle des Bürgers, der Bürgerin vor einer Befassung des Gerichts ist groß. Daher, glaube ich, sollte man es nicht daran scheitern lassen, dass die Menschen auch zu ihrem Recht kommen. Das ist unser Anliegen, das ist unser Bedürfnis. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht nicht nur um die Mieter und Mieterinnen in diesem Land. Ich komme aus einer Gegend, in der es sehr viele Wohnungseigentümer gibt, in der sehr viele Hausbesitzer – Gott sei Dank! – die Möglichkeit haben, in den eige­nen vier Wänden zu wohnen.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel dafür bringen, wie es etwa auch Wohnungseigentümern gehen kann: Bei einer Beschlussanfechtung ficht ein Wohnungseigentümer einen gesetzwidrigen Mehrheitsbeschluss mittels Antrag beim Bezirksgericht an. Er muss den Antrag gegen alle übrigen 61 WohnungseigentümerInnen richten. Nach dem derzeitigen Entwurf ist der Streitwert 4 000 €, nach dem derzeitigen Rechtsanwaltstarif kostet die erste Verhandlungsstunde 400,03 € – Wohnungseigentümer und Schrift­satz –, für jede weitere Verhandlungsstunde stehen 50 Prozent dieses Betrages zu. Die anderen WohnungseigentümerInnen bestreiten den obigen Antrag, 10 der insge­samt 61 WohnungseigentümerInnen lassen sich durch jeweils eigene Anwälte oder Anwältinnen vertreten.

Wie geht es jetzt weiter? (Abg. Neudeck: Der Richter wird ... überprüfen!) – Sie wissen es wahrscheinlich: Über den Antrag und über das Gegenvorbringen der anderen Woh­nungseigentümerInnen wird in zwei Verhandlungsterminen zu jeweils zwei Stunden entschieden. Überdies erstatten alle zehn AnwältInnen jeweils eigene Beantwortungen des Antrages. Drei AnwältInnen erstatten zwischen den Verhandlungen jeweils einen weiteren Schriftsatz. Das Kostenrisiko – das ist das Hauptproblem – für den Antrag­steller beträgt somit für die Antragsbeantwortungen 10 mal 400 €, also 4 000 €, für drei Schriftsätze zirka 1 200 €, für zwei Verhandlungen 12 000 €. Das sind Gesamtkosten von 17 200 €, wenn er unterliegt.

Allein die Vorstellung, dass das passieren könnte, schreckt viele ab. Glauben Sie mir das, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Don­ner­bauer: Aber jetzt haben es die anderen bezahlt! Bis jetzt haben es die bezahlt, die Recht bekommen haben!)

Bezüglich Querulanten – meine Redezeit reicht leider nicht aus, dass ich darauf jetzt entsprechend eingehe – sage Ihnen nur Folgendes: Wir hatten heute in der Früh eine Besprechung mit der Volksanwaltschaft. Kollege Freund war dabei. Da wurde uns glaubwürdig versichert, dass sich bei den Anliegen der so genannten Querulanten, wenn man sich ihre Probleme genauer anhört, wenn man sich ausführlich mit ihren Problemen befasst, oft derart darstellen, dass sie in vielen Fragen Recht haben, dass sie oft mit dem Recht durchdringen. (Abg. Mag. Donnerbauer: Dann haben sie keine Kosten, wenn sie Recht haben!)

Man sollte also vorsichtig sein mit dem Begriff „Querulanten“. Sie wissen genau, dass Recht haben und Recht bekommen nicht immer das Gleiche ist. Daher ist dieser Teil­bereich des Gesetzes ein Problem für die Mieter und Mieterinnen, für die Wohnungs­eigentümer und -eigentümerinnen und erschwert den Rechtszugang. Das ist das Tragische. (Abg. Dr. Trinkl: Kann aber auch umgekehrt sein!)

 


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