Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 122

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

14.56

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staats­sekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kommen wir zum Kern der vorliegenden Anträge zurück. Es liegen uns zwei Anträge zur Diskussion und dann zur Abstimmung vor. Der eine ist sehr nebulos und wird für die jungen Menschen nichts zum Positiven, aber auch nichts zum Negativen verändern, was man vielleicht schon hervorheben muss in diesem Haus. Der andere, den Sie leider ablehnen werden und im Familien­ausschuss schon abgelehnt haben, ist ein Antrag, der tatsächlich eine ganz konkrete Verbesserung für junge Menschen bringen würde, nämlich das Wahlrecht schon für 16-Jährige.

Im Ausschuss wurde seitens der ÖVP immer wieder damit argumentiert, dass es irgendwelche Umfragen gäbe, wonach die jungen Menschen gar nicht wählen wollen, das Wahlrecht ablehnten, und deswegen dürfe man sie damit nicht belasten. Ich würde sagen, dass wir uns einmal anschauen sollen, wie die Wahlbeteiligung der Jugend­lichen in den Bundesländern war, in denen es das Jugendwahlrecht gibt. Das spricht eine ganz andere Sprache. Im Burgenland nämlich haben die Jugendlichen in sehr hohem Ausmaß von diesem Recht Gebrauch gemacht, nämlich zu 80 bis 97 Prozent, also in einem sehr, sehr hohen Ausmaß. In der Steiermark haben wir die Erfahrung mit der Grazer Wahl. Da war die Beteiligung auch sehr hoch, nämlich zwischen 75 und 80 Prozent.

Es sind also durchaus Wahlbeteiligungen der jungen Menschen zu verzeichnen, die den Schnitt der Wahlbeteiligung in die Höhe treiben, ja ich würde sagen, ein über­durchschnittliches Interesse. In den anderen beiden Bundesländern Wien und Kärnten werden wir es bald sehen, wie es angenommen wird. – Das ist das eine.

Das andere ist, dass ich sagen würde: Lassen wir die jungen Leute dort abstimmen! Schauen wir uns dort ihre Meinung an, wo sie dann von diesem Wahlrecht Gebrauch machen können! Haben Sie ein bisschen mehr Mut und beschließen Sie auch einmal einen konkreten Verbesserungsschritt für junge Menschen mit! (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Statt einem solchen sinnvollen Schritt geistern aber diverse Ideen in diversen Ecken Ihrer Parteien und in den Medien umher, nämlich die Idee eines Familienwahlrechts, das ich der Idee einer tatsächlichen Ausweitung der Mitsprache von jungen Menschen genau entgegengesetzt sehe. Denn die eigentliche Errungenschaft unseres modernen Wahlrechts war es ja, dass das Prinzip „one man – one vote“ gilt beziehungsweise, natürlich erweitert durch das Frauenwahlrecht, jeder Mensch ab einem gewissen Alter seine eigene Stimme abgibt, dass Schluss ist mit der Bevormundung und das unmittelbare persönliche Wahlrecht gilt. Und so soll es auch bleiben!

Es ist eine geradezu paradoxe Idee, die weitergedacht vielleicht dazu führt, dass wir wieder zurückgehen und auch noch die Dimension einführen, wie viel Grund- und Bodenbesitz jemand hat, und danach das Wahlrecht gewichten. Oder, wenn man die Idee Familienwahlrecht weiterdenkt, vielleicht kommt dann aus Ihren Reihen auch die originelle Idee, dass wir wieder ein Familienoberhaupt einführen. Dann können wir uns auch das Frauenwahlrecht ersparen, denn dann stimmt das Familienoberhaupt gleich für die ganze Familie ab. Also eine völlig paradoxe Idee! (Abg. Ellmauer: Muss diese Polemik sein?)

Genau diesem Konzept, dem Konzept der Bevormundung, das Sie offenbar hier weiter verfolgen und noch ausweiten wollen, steht unser Konzept gegenüber, das zum Beispiel die Einführung des Jugendwahlrechtes und Partizipationsmöglichkeiten auch schon für Kinder und Jugendliche vorsieht, um in ihren Lebensbereichen tatsächlich


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite