Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 167

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Herr Kollege! Ein Jahr später hat ebenfalls die Eisenbahner-Gewerkschaft die Reform­pläne des damaligen Verkehrsministers Viktor Klima abgelehnt. Wieder sollte nach der Ausgliederung eine Änderung des Dienstrechtes bewirkt werden, und wieder hat die Gewerkschaft gesagt, nein, das kommt nicht in Frage. – Ich weiß selbst noch genau, wie sehr sich der damalige Finanzminister Lacina darüber geärgert hat. Er hat gesagt, ja um Gottes willen, dann gibt es Einsparungen beim Dienstrecht ja erst im Jahre 2030, wir brauchen das aber viel früher! – Die eigenen sozialdemokratischen Finanzminister waren mit dieser Linie also nicht einverstanden.

Auch Verkehrsminister Einem wollte schon eine Strukturreform. – Ich kenne die Pläne, sie liegen auch im Ministerium auf! Es ist grundsätzlich genau dieselbe Strukturreform, die wir jetzt auch realisieren: Auch er wollte starke operative Aktiengesellschaften, er wollte Absatz, Personen- und Güterverkehr und Infrastruktur trennen, so wie wir das auch gemacht haben. Woran ist es gescheitert? – Am Widerstand der Gewerkschaft, meine Damen und Herren!

Das ist die Geschichte der Bahnreform, und diese Regierung ist angetreten, um endlich das zu tun, was notwendig ist (Abg. Gaál: Alles zerstören!), nämlich eine leis­tungsfähige Bahn in Österreich zu schaffen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Sie nennen hier als Gegenbeispiel immer die englische Bahnreform. Es ist in England manches falsch gemacht worden, und diese Reform ist auch kein Modell für Öster­reich. – Ich sage das ganz klar und eindeutig. Sie so undifferenziert schlecht zu ma­chen, wie das immer geschieht, hält aber einfach keiner objektiven Überprüfung stand. Fragen Sie tatsächlich die Experten – die internationalen Experten! –, was sie dazu sagen!

Noch nie in der Geschichte Englands fuhren so viele Menschen mit der Bahn, wie das heute der Fall ist. (Abg. Dr. Kräuter: Noch nie so viele Unfälle!) Noch nie wurden in England so viele Güter von der Bahn befördert, wie das jetzt der Fall ist. Die Zahl der beförderten Fahrgäste ist seit 1994 um 30 Prozent, das Frachtaufkommen um 50 Pro­zent gestiegen! Es verkehren heute mehr Züge, und es gibt große Fortschritte in der Modernisierung der Infrastruktur. – Die Bahn ist wettbewerbsfähiger, effizienter und attraktiver für die Kunden geworden. (Abg. Broukal: Aber nicht sicherer! 50 Tote!)

Herr Kollege! Auch da irren Sie! Auch die Zahl der Unfälle ist in den letzten Jahren zurück­gegangen. Nehmen Sie doch das zur Kenntnis, was in einem Vortrag vor dem österreichischen Eisenbahn-Regulator erst vor drei Tagen festgehalten wurde und was auch in den Zeitungen in Österreich nachzulesen war, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Widerspruch bei der SPÖ. – Abg. Brou­kal: Das glauben Sie wirklich? Alle Berichte im Fernsehen waren falsch?) – Ich weiß, dass es schwierig ist, wenn die Realität gegen die Ideologie gestellt wird und sich herausstellt, dass Realität noch immer stärker ist als Ideologie.

Abschließend: Wir sind auch nicht die Einzigen, die diese Struktur haben. Studieren Sie einmal die Eisenbahnstruktur in den europäischen Ländern! Da werden Sie fest­stellen, dass in zwölf europäischen Staaten die Eisenbahn völlig geteilt wurde, dass es da Infrastruktur-Gesellschaften gibt und ganz andere davon unabhängige Transport­gesellschaften – in zwölf europäischen Ländern! Das ist ein viel radikaleres Modell, als wir es in Österreich durchführen!

Sechs europäische Länder haben ein sehr ähnliches Holding-Modell, wie wir es ma­chen. Meine Damen und Herren! Das heißt, wir gehen hier einen Mittelweg! Wir ma­chen nicht die radikalen Schritte, wie es sie in anderen europäischen Ländern gibt, sondern wir gehen einen sehr vernünftigen, sehr moderaten Mittelweg. Ich darf Sie


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