Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 51

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Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Scheibner. Redezeit: 15 Minuten. – Herr Abgeordneter, bitte.

 


10.48

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Wir haben in den letzten Wochen und Monaten oft hier im Hohen Haus über das Projekt eines gemeinsamen Europas diskutiert, und ich glaube, alle hier im Hohen Haus sehen die Vision – es ist vielleicht so­gar mehr als eine Vision –, dieses Projekt eines gemeinsamen, eines geeinten, eines friedlichen Europas als ganz besonderes und wichtiges Thema, vielleicht eines der wichtigsten Themen der europäischen, aber auch der österreichischen Politik.

Auch wir sehen das so, und ich glaube – von meinen Vorrednern wurde das auch an­gesprochen –, gerade das Ziel der Friedensunion ist so wichtig für diesen Kontinent. Auch Österreich war in den letzten Jahrhunderten immer wieder Schauplatz von schreck­lichen Kriegen, von militärischen Auseinandersetzungen. Auf unserem Kon­tinent ist so viel an Kulturellem, an Wirtschaftlichem, an Sozialem aufgebaut worden – und so viel davon wieder durch Kriege zerstört worden.

Eine der Erfolgsgeschichten der europäischen Integration nach den schrecklichen Er­fah­rungen des Zweiten Weltkrieges ist es wohl, dass innerhalb der Europäischen Union, dieser Europäischen Gemeinschaft, Kriege, militärische Auseinandersetzungen unmöglich geworden sind, und zwar auf Dauer unmöglich geworden sind, dass es nicht mehr irgendwelche Bündnisabsprachen auf Zeit sind, sondern auf Dauer ein Signal gesetzt wird, dass die Mitgliedsländer der Europäischen Union ihre Konflikte auf fried­licher Ebene austragen und dass man gemeinsam aufbaut – und nicht gegenseitig zerstört! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich glaube, dass es auch ein Signal ist, dass von der Europäischen Union keine mili­tärische Bedrohung an das Umfeld ausgeht und ausgehen wird, sondern – im Ge­genteil – dass die Europäische Union es auch als eines ihrer wichtigsten Ziele ansieht, Sicherheitspolitik zu betreiben, das heißt, Krisenbewältigung außerhalb Europas oder innerhalb Europas dort, wo es notwendig ist, zu unternehmen, da, wie wir alle wissen, Krisen und Kriege auch außerhalb des Kontinents unmittelbare Auswirkungen auch auf Europa, auf die Union und damit auch auf Österreich haben und weil sich die Euro­päische Union auch als Wertegemeinschaft sieht und sehen muss.

Deshalb glaube ich, dass genau dieser Gedanke einer Sicherheitsunion – wir haben heute schon darüber diskutiert – an die erste Stelle der weiteren Verhandlungen und Diskussionen gestellt werden muss, denn ohne Sicherheit brauchen wir uns über an­dere Projekte gar nicht den Kopf zu zerbrechen.

Wir sehen es an vielen Krisenschauplätzen und sollten uns auch durch die Erzäh­lungen unserer Väter – oder bei mir: Großväter – vergegenwärtigen, was es heißt, in Unsicherheit leben zu müssen.

In diesem Zusammenhang sehe ich ein positives Signal dieser Erweiterung: dass Länder in diese europäische Familie integriert werden können, die länger auf eine hun­dertprozentige Befreiung warten mussten; Länder, deren Bevölkerung länger warten musste als wir, bis sie in einer Demokratie leben konnte; Länder, deren Bevölkerung länger warten musste als wir, bis sie vom globalen Fortschritt profitieren konnte. Wir haben 1945 ein Schreckensregime hinter uns gelassen, Terror und Undemokratie über­wunden und konnten – unsere Vorgängergenerationen – dieses Land in Frieden und Wohlstand aufbauen.

Die Länder, die jetzt anstehen, Mitglieder der Europäischen Union zu werden, mussten noch Jahrzehnte auf diese Chance, auf diese Gelegenheit warten. Deshalb halte ich es


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