Jacques Delors hat in diesem Zusammenhang
einmal richtig gesagt: Nichts geht gegen die Menschen und nichts bleibt ohne
die Institutionen! – Er hat, wie immer, Recht behalten. (Beifall bei
der SPÖ und den Grünen.)
12.01
Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. Gleiche Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.
12.01
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der österreichischen Nationalrat beschließt heute mit der Ratifizierung der Beitrittsverträge zweifellos einen Jahrhundertschritt, den unsere Republik hier mitmachen kann. Es ist ein einmaliger Schritt, ein Schritt, der auch keinen historischen Präzedenzfall findet; Herr Kollege Gusenbauer hat das richtig dargestellt.
Meine Damen und Herren! Dieser
Jahrhundertschritt soll andeuten, dass das Jahrhundert der Weltkriege zu Ende
ist und wir vielleicht – und wir hoffen es alle – in ein Jahrhundert
des Friedens eintreten, und dem soll auch die Zustimmung von uns Freiheitlichen
hier dienen. Wir müssen uns aber auch im Klaren sein darüber, dass die Grundlage
des Friedens die Gerechtigkeit ist und dass die Gerechtigkeit unteilbar ist und
dass auch die historische Gerechtigkeit unteilbar ist. Klubobmann Herbert Scheibner
ist darauf, so meine ich, eindrücklich eingegangen und hat klar betont, dass
wir auch die Verantwortung für dieses zu Ende gehende furchtbare Jahrhundert
der Weltkriege übernehmen müssen. (Beifall
bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wir Österreicher beziehungsweise gerade diese viel gescholtene schwarz-blaue Bundesregierung hat diese Verantwortung nicht nur anerkannt, sie hat sie auch gelebt und umgesetzt. Ich erinnere Sie an die vielen Gesetze zur Entschädigung und zur Restitution, und genau das erwarten wir auch von anderen: dass sie mit ihrer Vergangenheit ehrlich umgehen und dass die Gerechtigkeit für alle gleich sein soll! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wenn Sie, Herr Kollege Van der Bellen, die Zeit der Vertreibung und die Verbrechen die dabei begangen worden sind mit der heutigen Zuwanderungs- und Flüchtlingspolitik vergleichen, dann, glaube ich, verirren Sie sich ein wenig in Ihrem grünen Garten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mandak: Das hat er nicht getan!)
Er hat es getan, ich habe ihm genau zugehört und weise das zurück. Ich finde das unpassend! (Abg. Mandak: Aufpassen!)
Meine Damen und Herren! Wir sollten aber an diesem Tag keine Euphorie aufkommen lassen, sondern wir sollten diesen Tag – und das ist mir auch ganz besonders wichtig – mit Nüchternheit und mit Hausverstand begehen. (Abg. Wattaul: So ist es!) Wir sollten klar erkennen, dass – und da hat Herr Kollege Molterer Recht – die Erweiterung der Europäischen Union für uns und für viele andere eigentlich jetzt erst beginnt, dass das nur die formalen Grundschritte sind, um sie beginnen zu lassen. Jetzt stehen die Herausforderungen, die diese Erweiterung bringen wird, eigentlich erst in ihrer vollen Dimension vor uns, und jetzt erst wird die Politik in ihrer Gesamtheit gefordert sein.
Deshalb bin ich, meine Damen und Herren, auch sehr froh, dass gerade wir Freiheitlichen in den Monaten der Verhandlungen, die hinter uns liegen, immer auch die letzte Karte gespielt haben und immer auch die Interessen Österreichs in den Vordergrund gerückt haben und damit klar geworden ist, dass wir echt und ehrlich verhandeln wollen, damit auch den Beitrittkandidaten, aber auch den anderen Mitgliedsländern der Union klar wird, dass die Republik Österreich Lebensinteressen hat, dass