Die österreichischen Gesundheitsausgaben
erscheinen im internationalen Vergleich vertretbar und weisen in den letzten
Jahrzehnten auch bezüglich der Wachstumsraten keine besonderen Auffälligkeiten
auf. Die Gesundheitsausgaben steigen in allen wohlhabenden Gesellschaften mit
wachsendem Wohlstand überproportional.
Die WHO hat in ihrem World Health Report
2000 eine indexierte Bewertung der Gesundheitssysteme von 191 Ländern
vorgenommen. Bewertet wurden Elemente wie Lebenserwartung,
Finanzierungsgerechtigkeit, Patientenorientierung und Gesundheitsausgaben.
Nach dieser Bewertung ist Österreich ist auf Platz 9 gereiht.
Die wichtigste Maßzahl ist die
Zufriedenheit der Menschen mit dem Gesundheitssystem. Eine Befragung der
Bürger der EU-Staaten, durch die Europäische Kommission, nach der Zufriedenheit
mit der medizinischen Versorgung, ergab folgendes Bild:
35 Prozent der ÖsterreicherInnen
sind mit der medizinischen Versorgung sehr zufrieden und weitere
35 Prozent zufrieden. Mit mehr als 70 Prozent Zustimmung liegen wir
hinter Finnland (78 Prozent Zustimmung) an zweiter Stelle.
Der EU-Durchschnitt liegt bei etwa
40 Prozent.
Für die Gesamtsituation im
Gesundheitswesen ist die finanzielle Situation der Krankenkassen entscheidend.
Die Defizite der Krankenkassen bewegten
sich in den Jahren 1999 bis 2002 zwischen 150 und 250 Mio. €,
also bei jährlich ca. 2,5 % der Einnahmen. Diese Abgänge werden sich aber
drastisch verschärfen. Im Jahr 2006 wird trotz der massiven Belastungen
durch das Budgetbegleitgesetz 2003 ein Abgang von 1 Mia. € erwartet.
Diese Defizite haben im wesentlichen
drei Ursachen: Die Beiträge der Versicherten wachsen langsamer als das
Bruttoinlandsprodukt (BIP), die Medikamentenkosten steigen sehr schnell und
sehr stark und gesetzliche Maßnahmen belasten die Krankenkassen zusätzlich.
Der Prüfstein für unser
Gesundheitssystem ist die Zukunftsfähigkeit. Investitionen in Innovation und
Weiterentwicklung des öffentlichen Gesundheitssystems sind die wesentlichen
Herausforderungen.
Für uns gilt der Grundsatz, dass sich
eine zukunftsorientierte Gesundheitspolitik nicht damit zufrieden geben darf
das Erreichte abzusichern, sondern sie muss sich den neuen Herausforderungen
stellen.
Die finanzielle Konsolidierung soll
daher nicht über Leistungskürzungen und die generelle Erhöhung von
Selbstbehalten erfolgen, sondern über Produktivitäts- und Qualitätssteigerungen
und neuen Elementen der transparenten, gerechten Finanzierung.
Selbstbehalte als
Finanzierungsinstrument verschieben dem gegenüber die Relationen zu Lasten
jener, die Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen. Kranke Menschen haben
konsequenterweise mehr zu zahlen als relativ Gesunde. Nachdem zwischen
Einkommen und Gesundheitsrisiko ein eindeutiger Zusammenhang besteht, verlagert
eine Politik der Selbstbehalte finanzielle Lasten von den (relativ) Gesunden
und Wohlhabenden zu Bevölkerungsschichten mit höherem Krankheitsrisiko und
gleichzeitig niedrigerem Einkommen.
Deswegen bewerten gesundheitspolitische
Analysen Selbstbehalte als ungeeignetes Instrument, um zu den Zielen
Gerechtigkeit und Effizienz beizutragen.
Vor diesem Hintergrund werden
Selbstbehalte in erster Linie als politisches Instrument eingesetzt, sie dienen
als Symbol für einen liberalen marktorientierten Politikansatz, der
individuelle Verantwortung in den Vordergrund stellt.