Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 45. Sitzung / Seite 56

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Ich will Ihnen aber sagen, was ich fast noch schlimmer finde als diese Steuergeschich­te, Herr Kollege Molterer und Herr Kollege Scheibner! (Abg. Scheibner: Ich habe noch gar nichts gesagt!) Dass hier der dringende Verdacht der Steuerhinterziehung vorliegt, ist sonnenklar, aber was fast noch schlimmer ist: Stellen wir uns einmal vor, dieses Verhalten reißt ein!

Nehmen wir zum Beispiel – wer ist gerade anwesend? – den Herrn Verteidigungs­minister, der unter anderem Rüstungsgüter zu beschaffen hat. Es könnte zum Beispiel Daimler-Benz einen „Verein der Freunde der Förderung des Rüstungswesens“ grün­den und der Herr Verteidigungsminister auf die Idee kommen, eine Homepage einzu­richten. Käme Herr Verteidigungsminister Platter auf diese Idee? – Ich hoffe nicht! Und warum nicht? – Weil ihn das einem offensichtlichen Korruptionsverdacht aussetzen würde. Er ist so gescheit und macht das nicht.

Oder Herr Bartenstein – vorhin noch anwesend –, der Herr Wirtschaftsminister. Käme er auf die Idee, sich eine Homepage vielleicht von der OMV oder von der Gaswirtschaft oder von wem auch immer sponsern zu lassen? Ich hoffe nicht. Und warum nicht? – Weil er dann in jeder einzelnen Handlung als befangen gelten muss. Würde er dann eine Maßnahme etwa im Bereich der Liberalisierung der Gaswirtschaft treffen, setzte er sich einem direkten oder indirekten Korruptionsverdacht aus.

Oder in der Landwirtschaft. Herr Kollege Molterer, wären Sie als Landwirtschaftsminis­ter auf die Idee gekommen, sich von Raiffeisen direkt sponsern zu lassen? Angenom­men es gibt beim Agrar-Diesel eine Senkung der Mineralölsteuer, so müssten Sie sich dem Verdacht der Korruption aussetzen. – Natürlich haben Sie das nicht gemacht.

Und, und, und, man könnte jetzt jedes einzelne Ministerium als Beispiel anführen.

Die Bestimmung über die verbotene Geschenkannahme hat ja ihren Grund. Sie soll gemeinsam mit den ja nicht niedrigen Einkommen der Minister – ich finde das in Ord­nung; ich finde, die Bundesminister sollen ordentlich bezahlt werden – gewährleisten, dass diese gegen Bestechungsversuche nicht immun, aber unbeeinflussbarer werden. Das Verbot der Geschenkannahme hat außerdem natürlich den Sinn und Zweck, Minister dem Korruptionsverdacht erst gar nicht auszusetzen.

Aber ausgerechnet beim Herrn Finanzminister ist das in Ordnung. Es ist in Ordnung, wenn er direkt oder indirekt Vortragshonorare nimmt. Mir ist es egal, auf welchem Konto diese landen, aber Banken – das sind die vom Finanzministerium Beaufsichtig­ten und nicht irgendjemand; Banken unterliegen ja der Aufsichtspflicht durch das Finanzministerium – zahlen etwas an irgendjemanden, wenn der Finanzminister einen Vortrag hält?!

Zu ebensolchen Vorfällen beim Verteidigungsminister, beim Wirtschaftsminister, beim Landwirtschaftsminister würden Sie sagen: Bitte, Kollege, das ist unmöglich, lass das sein! Und ausgerechnet beim Herrn Finanzminister dulden Sie das?

Ich sage Ihnen: Dieser Korruptionsverdacht, in den er sich begibt durch diese Hand­lungsweise und durch die Nichtaufklärung seit nun mehr als sieben Monaten, das ist für mich ein Standortrisiko. Das kann sich Österreich nicht bieten lassen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.28

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Die restliche Redezeit für den nächsten Redner der Grünen ist demnach 9 Minuten.

 


Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 12 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


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