Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 45. Sitzung / Seite 185

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leibe kein Grund, dem Herrn Innenminister die Weihrauchfässer zu schwingen und ihn halbselig zu sprechen! Das war und ist doch ein Armutszeugnis! (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Kößl: Es gibt eine ganz vernünftige Über­gangsregelung, Frau Kollegin! Sie kennen sich wahrscheinlich nicht aus! Erkundigen Sie sich einmal!)

Mit der Bundesbetreuungsfrage ist in Wirklichkeit gerade einmal die Spitze des Eis­bergs angerissen. Ich kann jetzt aus Zeitgründen nicht im Detail auf das Asylgesetz als solches eingehen, sondern möchte nur einmal mehr festhalten, dass die Regierungs­mehrheit in diesem Hause ein Asylgesetz beschlossen hat, das eindeutig menschen­rechtswidrig und nicht verfassungskonform ist. (Abg. Wittauer: Wo denn? – Ruf: Wer sagt denn das? – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Vielleicht sollten Sie nicht nur sich herausstellen und sagen: Wir stehen ohnehin zur Europäischen Menschenrechtskonvention, aber ... – Meine Damen und Herren, da gibt es kein Aber! Man steht zu einer Menschenrechtskonvention. Man hält Menschen­rechte ein, und man beschließt keine Gesetze, die diesen zuwiderlaufen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kößl: Es gibt die Genfer Flüchtlingskonvention und die Euro­päische Menschenrechtskonvention!)

Jetzt noch eine kleine Berichtigung, damit ich mir erspare, dann eine tatsächliche Berichtigung machen zu müssen. Zu den Zahlen, mit denen Sie argumentieren. (Zwi­schenruf des Abg. Wittauer.) – Herr Abgeordneter Wittauer, wenn Sie etwas zum Asyl­gesetz zu sagen haben (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wittauer), dann kommen Sie heraus, aber geben Sie mir zumindest mein mir zustehendes Recht, hier kurz zu reden! (Beifall bei den Grünen.)

Zu den Argumentationen und Zahlen. Gerade mein Vorredner hat von einem „explosi­onsartigen Anstieg“ der Flüchtlingszahlen gesprochen (Abg. Wittauer: Ich habe immer gedacht, eine Aussprache findet statt!), noch nie so viele in Bundesbetreuung wie heute und so weiter.

Ich habe hier eine hübsche, kleine Statistik. Im Jahre 2003 hatten wir, grob gespro­chen, 10 000 Personen in Bundesbetreuung. Im Jahre 1993 gab es – so weit sollte das Langzeitgedächtnis noch reichen – eine Bund-Länder-Aktion anlässlich der bosnischen Kriegsflüchtlinge, wobei allein mit dieser Aktion über 40 000 Personen in Österreich in Bundesbetreuung untergebracht werden konnten. (Abg. Wittauer: Das ist ja ein Unter­schied! ...) 1993 ging es, und da gab es zusätzlich noch einmal 2 500 Betreute jenseits dieser Aktion.

Sie, Herr Abgeordneter Kößl, wollen mir erklären, dass wir uns heute in unserem Lande – wobei Sie dauernd sagen, dass es uns in Österreich wirtschaftlich und ein­kommensmäßig immer besser und besser geht – nicht einmal ein Viertel dieser damali­gen Zahlen in der Bundesbetreuung leisten können!? (Abg. Kößl: Sie hätten besser aufpassen müssen, was ich Ihnen gesagt habe!)

Ich rede jetzt gar nicht davon, wie mit dem Rechtsstaat umgegangen wird, wenn der OGH sagt, es gibt einen rechtlichen Anspruch auf Bundesbetreuung für alle Asylwerbe­rinnen und Asylwerber (Abg. Dr. Trinkl: Für hilfsbedürftige!) und der Minister einen wochenlangen Abwehrkampf gegen dieses Urteil führt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wittauer: Luft holen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Frau Abgeordnete, eine Sekunde! – Ich rufe alle Mitglieder der Präsidiale zu Zeugen auf, dass wir uns ausführ­lich darüber unterhalten haben, dass Zwischenrufe selbstverständlich legitim sind, dass wir aber alle nicht haben wollen, dass ein Redner/eine Rednerin quasi durch perma­nentes Dazwischenrufen daran gehindert wird, sich zu artikulieren. Hinzugefügt worden


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