Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 48. Sitzung / Seite 75

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Die bereits mehrmals in Dringlichen Anfragen dokumentierten Aufträge zeigen klar, dass verschiedene natürliche und juristische Personen zu ähnlichen Themen beschäf­tigt wurden. Auch erscheint die Heranziehung von privaten Auftragnehmern für Geset­zesvorbereitungen – neben der enormen Kostenhöhe – als höchst bedenklich. Trotz Rechnungshofkritik an den kostenintensiven und ergebnisarmen Vergaben an externe Berater und für Werbekampagnen ohne Informationscharakter wurden durch Finanz­minister Grasser auch im Jahr 2003 vermehrt entsprechende Aufträge vergeben.

Bundeswohnbaugesellschaften

Allein für die Vorberatung des bisher völlig fehlgeschlagenen Projektes der Privatisie­rung von 5 Bundeswohnbaugesellschaften wurden durch Finanzminister Grasser 10,9 Mio. Euro für Beratungskosten an externe Berater verschleudert, darunter Rechts­anwälte, Universitätsprofessoren und die Lehman & Brothers Bankhaus AG, an die exakt 10,3 Mio. Euro an Beratungssalär gingen.

Auffällig an der Leistung von Lehman & Brothers ist vor allem, dass diese in ihren Be­wertungen nicht einmal die offensichtlich anhängigen Verfahren hinsichtlich der Fest­stellung des Gemeinnützigkeitsstatus eines Unternehmens in ihre Bewertungsüber­legungen einbezogen haben. Durch das beauftragte Unternehmen wurden alle 5 Bun­deswohnbaugesellschaften als „gewerbliche Bauträger“ feilgeboten. Nunmehr steht fest, dass zumindest eine Gesellschaft nach wie vor den Status einer gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft nach dem WGG beibehalten hat – ein Irrtum, der einerseits die Bewertung aller Unternehmen, andererseits das gesamte Verkaufsverfahren völlig in Frage stellt. Der Finanzminister trägt diesbezüglich die volle Verantwortung für die Kos­ten des fehlgeschlagenen Verkaufsverfahrens, das nur einem Zweck dienen sollte: dem Abverkauf von Bundesvermögen unabhängig von einer entsprechenden Erlösopti­mierung.

ÖIAG-Gesetz

Die Veräußerung der Bundesanteile an der ÖIAG ist ökonomisch in keiner Form begründbar. Das ÖIAG-Gesetz gebietet, bei Privatisierungen die Interessen der jeweili­gen Beteiligungsgesellschaft, der ÖIAG sowie die Interessen des Bundes insbeson­dere im Hinblick auf die Bedienung der Schulden der ÖIAG angemessen zu berück­sichtigen (§7 ÖIAG-Gesetz 2000).

Mittels der Budgetbegleitgesetzgebung wurde im §7 Abs. 4 ÖIAG-Gesetz ein Zielkata­log für die Privatisierungsvorhaben eingefügt, der wie folgt lautet: Die Privatisierungen sollen zu einer möglichst hohen Wertsteigerung der Unternehmen führen und dadurch auch langfristig sichere Arbeitsplätze in Österreich schaffen bzw. erhalten, möglichst hohe Erlöse für den Eigentümer bringen, die Entscheidungszentralen und die For­schungs- und Entwicklungskapazitäten der zu privatisierenden Unternehmen wenn möglich in Österreich halten und den österreichischen Kapitalmarkt berücksichtigen. Durch eine Totalprivatisierung mittels Anteilsverkauf über die Börse wird keine einzige Anforderung dieses Gesetzes erfüllt. Finanzminister Grasser, der mit dem Vollzug des ÖIAG-Gesetzes betraut ist, ist durch diesen Verstoß gegen die Bestimmungen des ÖIAG-Gesetzes seiner gesetzlichen Vollzugspflicht nicht nachgekommen – eine Vor­gangsweise, die erheblichen Schaden für die Republik Österreich nach sich ziehen wird. Im Falle der Voest-Alpine AG liegt der Erlös des Abverkaufes sogar unter dem Wert der Eigenmittel. Damit wurde bewusst gegen die Zielsetzung der Erlösoptimie­rung im ÖIAG-Gesetz verstoßen.

Auch ist die Rolle des Finanzministers in kolportierten Geheimabsprachen (Projekt „Mi­nerva“), die den Zweck hatten, den Börsenmechanismus außer Kraft zu setzen, höchst bedenklich und unbedingt zu prüfen.

 


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