Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 50. Sitzung / Seite 91

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Österreich ist, wie Sie wissen – das brauche ich hier nicht zu erläutern –, ein Bundes­staat, und über Grenzen, Möglichkeiten und Chancen des Föderalismus wird im Kon­vent zu diskutieren sein. Es wird auch zu diskutieren sein, wie bundeseinheitlich Bil­dung und Forschung in Österreich zu planen ist.

Ich kann mich noch gut an Folgendes erinnern: Vor Jahren hat mich der ehemalige Vizekanzler Busek in einige Kommissionen des Ministeriums berufen, und da wurde unter anderem auch Krems diskutiert. Ich kann Ihnen nur sagen, es gab vom Vizekanz­ler nachhaltigen und anhaltenden Widerstand gegen eine Universität, die in etwa 90 Kilometer vor den Toren Wiens – ich habe es nicht nachgemessen – liegt. Busek hat gemeint, hier fehle ein gesamtösterreichisches Bildungskonzept, und hat sie letzt­lich nicht „Weiterbildungsuniversität Krems“ getauft, sondern hat sie „Ludwigs-Univer­sität“ genannt; jetzt vielleicht „Erwins-Universität“. – Aber das ist eine alte Geschichte.

Ich glaube aber, dass in Krems engagiert gearbeitet wird, gegen viele Widerstände, und dass hier nun Bilanzen vorliegen, die es niemals verantworten ließen, eine solch neu entstandene Struktur zu zerstören. Allerdings: Vor Jahrzehnten sind auch Kran­kenhäuser sozusagen wie die Schwammerln aus dem Boden geschossen, und vor zehn, 15, 20 Jahren waren es teilweise neue Universitäten. Die haben aber nichts davon, wenn sie da stehen, aber nicht über die nötigen Ressourcen und Vernetzungen verfügen und letztlich jedes Jahr von einem Budget zum anderen bangen und ge­legentlich auch betteln müssen.

Was aber immer gefehlt hat, nicht nur bei der jetzigen Regierung, ist eine wirklich bun­deseinheitliche Koordination von Bildungs- und Forschungspolitik. Zumindest hat diese Koordination keinen enormen Stellenwert gehabt, auch in den Jahren vor Ihnen nicht unbedingt.

Wir sollten aber der Realität Tribut zollen – und nicht nur Tribut zollen Pseudo-Aktivitä­ten oder Versprechungen oder dem Vortäuschen emsiger Betriebsamkeit. Die Univer­sität, kommt mir vor, ist als Begriff zu etwas verkommen, das weich ist wie ein Bade­schwamm. Was heißt Universität? Kann Universität – Kollegin Brinek, da muss ich Sie schon kritisieren – etwas sein, wo keine Habilitationen möglich sind? Sie haben das nicht gelesen. Sie haben gesagt, Habilitationen sind dort möglich. – Die sind dort nicht möglich! (Abg. Dr. Brinek: Nein, das habe ich nicht gesagt! Da haben Sie sich ver­hört!) – Wenn Sie es nicht gesagt haben, nehme ich das zurück.

Es sind dort keine Habilitationen möglich. Es werden dort keine regulären Studien an­geboten. – Okay, soll so sein, aber dann reden wir nochmals über den Begriff „Univer­sität“: Es gibt eine Privatuniversität, die am Anfang 15 Studierende gehabt hat und wo nur Medizininformatik angeboten wird. Ist das eine „Universität“, wenn die erste Tat dort war, dass sich die dort Lehrenden Talare gekauft haben? – Also, ich finde: nicht unbedingt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das heißt, der Universitätsbegriff verarmt, und der Spruch: Vielfalt und Pluralismus ist besser als Einfalt! verkommt eigentlich zu einer relativ nebulosen Überschrift. Ich glaube, die Universität Krems hat sich als einzige staatliche Universität – das ist richtig; sogar europaweit! – auf Weiterbildung, Fortbildung, postgraduelle Angebote konzent­riert, und das ist gut so. Trotzdem sollte man nicht glauben, dass andere Universitäten diese Aufgaben nicht hätten.

Das heißt, Leistung und Wettbewerb sind etwas Schönes, aber unter fairen Bedin­gungen. Auch andere 20 Universitäten müssen um diese Budgets ringen, und als EUROSTAT kürzlich Befragungen durchgeführt hat, wieviel anteilige Prozent der Be­völkerung in Österreich sich in Weiterbildung und Kursen befinden – in einem gewissen Rahmenzeitraum vor oder nach Befragedatum –, stellte sich heraus, dass Österreich mit 7,5 Prozent einen beschämenden elften Platz aufweist. Der EU-Schnitt liegt bei


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