Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 50. Sitzung / Seite 98

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spannt – und nicht nur ich –, wie der Finanzminister reagieren wird, wie der Staats­sekretär reagieren wird und – last but not least – wie die Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und FPÖ auf diese neuen Fakten, auf diese neuen Fragen reagieren werden. – So viel zur Neugier.

Auf der Überdruss-Seite schaut es so aus: Seit acht Monaten, wenn es nicht schon in den neunten Monat geht, sind wir mit verschiedenen Causen in der Frage Grasser beschäftigt. Und in diesen acht oder neun Monaten wurde nichts ausgeräumt, keine Frage endgültig geklärt, wurden uns Dokumente verweigert. Ganz im Gegenteil: Mit fast jeder Woche, die vergangen ist, in diesen acht oder neun Monaten sind neue Fragen aufgetaucht, neue Verdachtsmomente aufgetaucht, die ihrerseits wieder einer Erklärung bedürfen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das sind keine ganz trivialen Sachverhalte. Das ist von Anfang an der Verdacht auf Steuerhinterziehung sowohl beim berühmt-berüchtigten „Verein zur Förderung der New Economy“ als auch bei der Person des Finanzministers selbst. Das ist der Verdacht auf rechtswidrige Verfahren im Finanzministerium beziehungsweise in den Finanzämtern in diesem Zusammenhang. Das sind die neuen Verdachtsmomente, was die Begünsti­gung des engsten Freundeskreises des Ministers betrifft. Das ist der Verdacht, dass hier ein Filz von Schulfreunden von Karl-Heinz Grasser, von Geschäftsfreunden, von ehemaligen oder Immer-noch-Parteifreunden in der FPÖ existiert.

Wenn man sich die Printmedien zu diesem Punkt anschaut, wird einem, muss ich sagen, ein bisschen schwindlig. Wenn in diesen die einzelnen Netzwerke rund um Grasser aufgezeigt und erörtert werden, dann muss man schön langsam ein Fach­mann oder eine Fachfrau sein, um da noch durchzublicken. Und warum muss man das sein? – Weil wir in all diesen Monaten konfrontiert wurden mit Halbwahrheiten, mit Unwahrheiten, mit gezielten oder geschlampten Falschaussagen zu den einzelnen Fragen, ob hier im Parlament oder gegenüber den Medien, und last but not least – und darauf komme ich im Zusammenhang mit Herrn Finz zurück – mit abenteuerlichen Begründungen zu einzelnen Aussagen, insbesondere was die Steuerfrage betrifft.

Und ich muss Ihnen sagen: Wenn ich sage „acht Monate“, habe ich eigentlich schon ein schlechtes Gewissen, denn was mich und meine Fraktion betrifft, ist der Vertrau­ensbruch, was Finanzminister Grasser anbelangt, nicht erst mit der Homepage pas­siert, nicht erst mit diesen Millionen – damals noch in Schilling – der Industriellenver­einigung für diese Homepage, sondern der Vertrauensbruch ist passiert im Mai letzten Jahres mit seiner Budgetrede, der Meisterschaft im Schmähführen, mit der uns Finanz­minister Grasser damals zwölf Stunden lang in Atem gehalten hat.

Die Behauptung, dass der Bund in seinem Budget 2004, wenn ich mich recht erinnere, 700 Millionen € zusätzlich für Bildung und Wissenschaft ausgeben wird, entpuppte sich kurze Zeit später als eine rein aus der Luft gegriffene Behauptung, eine reine Bilanz­verlängerung im Budget. Ich will Sie jetzt damit nicht länger quälen, aber die Kollegen und Kolleginnen von der ÖVP insbesondere würde ich doch bitten: Wenn Sie einmal eine ruhige Minute haben, schauen Sie in Ihren Briefings von damals nach, ob das so drinnen gestanden ist oder nicht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich traue mich zu wetten, dass in Ihren Briefings genau das Gleiche gestanden ist, der gleiche Unsinn, den wir uns hier von der Regierungsbank aus haben anhören müssen, nämlich die 700 Millionen plus in diesem Bereich. Sie haben es damals geglaubt, die Freiheitlichen haben es damals geglaubt. – Ein Unsinn war es, eine glatte Unwahrheit hier im Parlament! Das war der große Vertrauensbruch, was den Finanzminister be­trifft.

 


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