Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 50. Sitzung / Seite 145

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Bei den Standards dieses im Werden befindlichen Gesetzeswerkes, das jetzt das zweite Mal im Ministerrat oder kurz davor geplatzt ist, weil sich noch nicht einmal die Koalitionspartner einigen können, wird offenkundig, in welche Richtung es geht. Unter dem Titel „Bundestierschutz“ wird da in ein Tierschutzgesetz hineinreklamiert, dass insbesondere für die Tierhaltung ökonomische Auswirkungen zu berücksichtigen sind. Das ist wirklich ein Novum! Es ist noch nicht da gewesen, dass man das Schutzin­teresse ins Gegenteil verkehrt und zu den ökonomischen Interessen als Hauptmaßstab zurückkehrt.

Was Minister Pröll da mit unterstützt oder direkt betreibt – es liegt mir fern, das zu beurteilen, aber in seiner Anfrage wird es jedenfalls offenkundig –: Er verwendet den Prozess der Gesetzesdiskussion dazu, bestehende Tierschutzniveaus auszuhebeln, zu unterwandern und nach unten zu nivellieren, und er steht auch noch ganz offen und klar dazu.

Wir haben in Österreich in bestimmten Bereichen bereits klare Verbote. Die Mehrheit der Bundesländer verbietet die Käfighaltung von Legehennen. Es gibt zahlreiche Ver­bote, die in Artikel-15a-Vereinbarungen geregelt sind – so ist zum Beispiel eine Voll­spaltenbodenhaltung in mehreren Bundesländern verboten –, und so weiter. Was sagt der Herr Minister zu der Frage, wie man denn sicherstellen wird, dass die jeweiligen Schutzstandards zumindest beibehalten werden können oder man überhaupt das Prin­zip „best of nine“, also die beste Landesregelung, ins Bundestierschutzgesetz über­nehmen kann? Das muss ich Ihnen wörtlich zur Kenntnis bringen. Der Herr Minister sagt dazu:

„Ein Fortbestand von Länderbestimmungen kann nicht die Zielsetzung eines Bundes­tierschutzgesetzes sein. Es gilt Regelungen zu finden, die jedenfalls eine Abwande­rung der Produktion in Staaten mit geringeren Haltungsstandards ausschließen. ... Unter diesem Aspekt ist zu definieren, was ‘best of nine’ bedeutet.“

Warum sagen Sie nicht einfach klipp und klar, „best of nine“ kommt nicht in Frage, statt uns da definitorische Bemühungen um die Ohren zu schlagen, mit denen diese Regie­rung ja offensichtlich ganz besonders gerne arbeitet? (Beifall bei den Grünen.)

Was heißt denn das konkret? – Das heißt ganz konkret, dass Sie, Herr Minister Pröll – aber Sie sind nicht der Einzige, wir haben nur jetzt gerade Ihre Anfragebeantwortung hier –, wie auch Regierungskollegen von Ihnen eine gesetzlich sanktionierte Lizenz zum Tierquälen haben wollen. Punkt! Das ist genau das, was Sie haben wollen. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Wir haben in diesem Gesetzentwurf im Allgemeinen Teil aufgelistet, was tierquäle­rische Eingriffe sind, die in ganz Österreich verboten sind. Aber weil manche Tiere gleicher sind als andere, gilt das nicht für weite Bereiche der Landwirtschaft, für die man sich Ausnahmen hineinschreibt oder für die man in der Verordnung, die das alles regeln soll, weit reichende Ausnahmen vornimmt.

Es ist zum Beispiel allgemein verboten, eindeutig tierquälerische Eingriffe – da sind auch die Experten einer Meinung – vorzunehmen, wie das Kupieren von Schnäbeln oder Schwänzen, beim Ferkel zum Beispiel (Abg. Großruck: Ein Schnabel wurde bei einem Ferkel noch nie kupiert!), oder Eingriffe, die mit erheblichen Schmerzen verbun­den sind, wie etwa die Kastration von Ferkeln ohne Betäubung. Das ist alles Tier­quälerei und eigentlich verboten, aber in der Verordnung, die sich der Herr Minister geschrieben hat, und zum Teil im Gesetz, das sich die Herren Minister mehrerer be­fasster Ressorts geschrieben haben, soll es dann für die Landwirtschaft erlaubt sein. (Unruhe im Saal.)

 


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