Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 46

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Situation, dass wir sozusagen zerknirscht nein sagen müssen. Ich wiederhole nicht, was die Vorsitzende des Justizausschusses über die inhaltlichen Punkte der StPO-Reform hier gesagt hat. Dazu stehen wir, und wir hoffen auch, dass, wenn dieses Gesetz in Kraft tritt, diese Neufassung des Vorverfahrens die Intentionen erfüllen kann. Diesbezüglich möchte ich jene Punkte herausgreifen, bei denen unsere Fraktion die größten Zweifel über die politischen Fragen des Weisungsrechts hinaus hegt, nämlich ob das dann tatsächlich möglich wird, obwohl die Reform so halbherzig geblieben ist.

Das ist erstens die Frage der Verteidigerrechte. Wenn der Justizausschuss und das Justizministerium mit solchen – wie soll ich es nennen? – Ressentiments gegenüber Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen in Verhandlungen tritt, wobei grundsätzlich immer einiges im Raum blieb – die Hauptvertreterin dieser These, Frau Dr. Partik, hatte diesbezüglich ja Vorstellungen, die sich jenseits jeder Menschen­rechtskonfor­mität bewegen (Abg. Scheibner: Vorsicht!), die jedoch Gott sei Dank, aber nicht voll­ständig, abgewehrt wurden –, so ist das nicht gut. Wenn sich dieses Misstrauen gegen­über Verteidigerrechten so ausdrückt, dass jetzt genau das passiert, was ein glasklares strafprozessuales Vorverfahren nicht tun sollte, nämlich dass wieder auf dem Erlassweg durch Justiz- und dann Innenminister Dinge geregelt werden, die eigentlich Teil der StPO-Reform sein sollten, dann sollte man ganz klar und präzise in das Ge­setz schreiben, unter welchen Umständen Verteidigerinnen und Verteidiger bei der Vernehmung durch die Polizei nicht zugelassen sind.

Das ist für mich das Indiz schlechthin, dass Sie, bevor die Reform noch beschlossen wurde, schon ankündigen, dass Sie via Erlass Präzisierungen vornehmen werden. Herr Bundesminister! Wozu ist das Gesetz da? – Das Gesetz ist dazu da, um präzise Festschreibungen zu treffen. – Das ist der erste Punkt, nur sehr kursorisch, denn dazu gäbe es noch viel zu sagen.

Der zweite wesentliche Punkt unterstützt sozusagen diese Frage der Unverhältnis­mäßigkeit zwischen – ich sage es jetzt sehr vereinfacht – Polizeimöglichkeiten und -rechten und Rechten der Verdächtigen.

Herr Bundesminister, glauben Sie allen Ernstes, dass das jemanden überzeugt, wenn man sagt, der Staatsanwalt, die Staatsanwältin ist künftig Herr oder Frau des Vorver­fahrens, aber die LeiterIn des Vorverfahrens erfährt erst drei Monate, nachdem ein Verfahren bereits läuft, dass überhaupt Ermittlungen stattfinden? Das ist nämlich die Realität des Vorverfahrens, wie sie jetzt festgeschrieben ist. Staatsanwälte und Staats­anwältinnen müssen von der Polizei erst nach drei Monaten darüber informiert wer­den – das nennt man technisch „Berichtspflicht“ –, dass Ermittlungen stattfinden. Nach drei Monaten!? Erscheint es Ihnen als Rechtsanwalt, Herr Minister, nicht ein bisschen zu lang, wenn Sie da an die Realität denken?

Herr Minister, da meine Redezeit eigentlich schon abgelaufen ist, möchte ich auf jenen Punkt verweisen, der, inhaltlich betrachtet, die positivsten Veränderungen von der Regierungsvorlage zum Endprodukt heute hier in der zweiten und dritten Lesung erfahren hat, nämlich die Opferrechte. Darauf wird meine Kollegin Mag. Weinzinger noch genauer eingehen. Aber selbst da ist man, um tatsächlich von einem Jahrhun­dertreformwerk sprechen zu können, auf halbem Wege stehen geblieben.

Umso mehr freut es mich, dass man zuletzt wenigstens noch den Einwand der Oppo­sition gehört hat. Sich auf der einen Seite als die große Opferschutzpartei zu gerieren und auf der anderen Seite den Menschen zu sagen, es gibt jetzt mehr Opferschutz und Opferrechte, aber sie treten erst im Jahr 2008 in Kraft, das zu korrigieren versuchen und im wahrsten Sinne des Wortes in ein neues Licht zu rücken, das verdanken Sie, Herr Minister, der Opposition! Darum werden wir diesem Entschließungsantrag auch zustimmen.

 


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