Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 56

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Ein weiteres Beispiel: Peter Heidegger. Peter Heidegger saß acht Jahre unschuldig. Er wurde verurteilt. Im Ermittlungsverfahren beziehungsweise im Vorverfahren sind Be­weismittel verschwunden. Es kam zu einer Beweismittelunterdrückung. Die Exekutive hatte einen Täter, und diesen Täter wollte man verurteilen.

Peter Heidegger saß acht Jahre, wurde letztes Jahr in einem Wiederaufnahme­ver­fah­ren freigesprochen und kämpft jetzt um die strafrechtliche Entschädigung.

Herr Bundesminister, ich frage Sie: Können Sie einen Fall „Peter Heidegger“ in Zukunft ausschließen? (Abg. Parnigoni – in Bezug auf Bundesminister Dr. Böhmdorfer, der neben der Regierungsbank mit Abgeordneten der ÖVP spricht –: Der hört dir nicht zu, der Minister, der hat Koalitionsverhandlungen!)

Der nächste Fall: der Fall Tibor Foco in Linz. (Bundesminister Dr. Böhmdorfer spricht weiterhin mit Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Parnigoni – darauf Bezug nehmend –: Das ist unerhört! Das geht ja nicht: Ein Abgeordneter hält seine Rede, und der Minister hört nicht zu! Wie ist denn das in diesem Haus? – Bundesminister Dr. Böhmdorfer bricht das Gespräch ab und nimmt wieder Platz auf der Regierungsbank.) Auch in die­sem Fall sind Ermittlungsergebnisse und Beweisstücke verschwunden, ähnlich wie im Fall Peter Heidegger.

Oder ein weiteres Beispiel: 1989 hat die Arbeiterkammer Salzburg den WEB-Immag-Bau­treuhand-Skandal aufgedeckt. Nach 13 Jahren kam es zur ersten rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung. Bereits damals war eines klar: Die Verjährungs­bestim­mungen, die die Opfer betreffen, müssen novelliert werden!

Herr Bundesminister! Es gab bei den Verhandlungen einen sehr ausführlichen Ent­schließungsantrag von Seiten der sozialdemokratischen Fraktion betreffend Verbesse­rung der Stellung der Privatbeteiligten in der StPO. Der Antrag war ausführlich be­gründet.

Wir stehen nämlich vor dem Problem, dass die Ansprüche bei Privatbeteiligten verjäh­ren, also beim Opfer, wenn nicht innerhalb von drei Jahren der Anspruch ziffernmäßig geltend gemacht wird. Dasselbe Problem hatten – das sage ich auch – vor kurzem die Opfer von Kaprun.

Herr Bundesminister, ich verstehe Sie nicht! Am Sonntag wurde in der ORF-Sendung „Offen gesagt“ genau diese Thematik diskutiert, und Sie, Herr Bundesminister, haben erklärt, es werde ja alles besser, die Rechte der Privatbeteiligten würden sich ändern.

Jetzt sei auch Ihnen offen gesagt, Herr Bundesminister: Sie haben der Öffentlichkeit nicht gesagt, dass diese Regelungen erst im Jahre 2008 in Kraft treten werden!

Ich frage Sie: Was machen wir in den nächsten Jahren mit den Opfern, die in der­selben Situation sind wie die WEB-Opfer oder auch wie die Angehörigen der Opfer von Kaprun?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich halte das für eine absolutes Versäumnis Ihrerseits, und das ist mit ein Grund, warum wir dieser Vorlage nicht zustimmen können.

Es hat sich im Grunde genommen eines herausgestellt, auch bei den Diskussionen im Unterausschuss: Die Ermittlungsprobleme, die es im exekutiven Bereich in den letzten Jahren gegeben hat und die zu falschen Urteilen geführt haben, wurden überhaupt nicht thematisiert. Ich frage Sie daher: Wie können Sie behaupten, dass die Strafpro­zessreform mit der Polizeireform nichts zu tun hätte?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens meiner Fraktion darf auch ich mich recht herzlich bei den Legisten für ihre Arbeit, die sie bei dieser zugegebenermaßen


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