Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 59

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Das ist nicht der Stil, wie er in Justizangelegenheiten üblich ist! Dieser Stil wird aber zunehmend von Seiten Ihrer Fraktion und auch von Ihnen persönlich in den Justiz­ausschuss hineingetragen – zu meinem tiefsten Bedauern! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht hier um eine ganz wichtige Materie, und zwar um die Strafrechtspflege und um das Verfahren, das dazu gehört. Diese Ma­terie ist deswegen so wichtig, weil sie nicht nur einen Hauptpunkt staatlicher Aufgaben, sondern auch einen sehr sensiblen Bereich betrifft. Lassen Sie mich das nun etwas näher ausführen.

Es geht dabei einerseits darum, im Interesse aller Staatsbürgerinnen und Staatsbürger strafbare Handlungen möglichst zu vermeiden, sie effektiv zu verfolgen und entspre­chend zu sanktionieren, andererseits aber auch um einen Bereich – und daher ist das so heikel –, in welchem es um sehr massive Grundrechtseingriffe geht, um Eingriffe in Rechte jedes einzelnen Staatsbürgers und jeder einzelnen Staatsbürgerin. Daher ist es auch so notwendig, hier besondere Vorkehrungen zu treffen, damit diese Rechte auch gewahrt werden und nur in wirklich notwendigen Fällen eingeschränkt werden können. Das ist auch die Intention dieses Entwurfs.

Wenn dieser Entwurf heute hier verglichen wird mit Vorschlägen von Experten im Aus­schuss, mit Diskussionsgrundlagen – und es gibt eine Vielzahl von Vorschlägen und Wünschen, da gebe ich Ihnen Recht –, dann muss ich sagen: Das halte ich nicht für richtig! Wir sollten das eher mit dem derzeitigen Ist-Stand im Vorverfahren vergleichen.

Es geht hier – das möchte ich auch betonen – nicht um die Entscheidungsfindung des Gerichtes, sondern es geht hier um die Ermittlungen, um das Vorverfahren in Strafsachen, und da war bisher ein – „Graubereich“ wäre fast zu viel gesagt – recht­licher weißer Fleck, wo weder der Beschuldigte noch sein Verteidiger festgeschriebene Rechte und Möglichkeiten gehabt haben.

Das wurde vielfach zu Recht kritisiert und hat auch zur Verurteilung Österreichs vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof geführt. Das wird nun mit dieser No­velle heute hier um einen Quantensprung verbessert und wird auf ein Niveau gehoben, wie es international üblich und anerkannt ist. Das wurde auch im Unterausschuss von vielen Experten anerkannt.

Es gibt im strafrechtlichen Vorverfahren, um das es heute hier geht, ganz wesentliche Bestimmungen und Grundsätze, und die sollten wir uns vor Augen führen. Erstens hat die Unschuldsvermutung zu gelten; ich glaube, darüber sind wir uns alle einig: Es sollte nicht der, der in diese Mühle gerät, schon automatisch als schuldig gelten. Das ist Sache des Gerichtsverfahrens. Im Vorverfahren geht es darum, dass Ermittlungs­schritte gesetzt werden, dass letztlich auch Ermittlungsergebnisse geliefert werden sollen, die dann die Grundlage für eine Anklage bilden, nämlich dafür, dass der Fall vor ein unabhängiges Gericht kommt, und dort wird dann darüber entschieden, ob eine Verurteilung erfolgt oder ob der Verdacht nicht ausreichend erhärtet ist.

Daher sind die Rechte, die dem Beschuldigten eingeräumt werden, im Vorverfahren so besonders wichtig. Das ist einerseits das Recht, Gehör zu bekommen, andererseits aber auch das Recht, einen entsprechend sachkundigen Beistand beiziehen zu kön­nen.

Ich darf darauf hinweisen, dass es im Regelfall, und zwar in mehr als 90 oder sogar 95 Prozent der Fälle, nicht um rechtskundige Beschuldigte geht, nicht um Beschuldigte geht, die ständig mit strafrechtlichen Angelegenheiten zu tun haben, sondern um solche, die davon überhaupt keine Ahnung haben. Sie sollen daher die Möglichkeit


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite