Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 68

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zu üben ist in der neuen Rolle der Staatsanwälte kein Problem; die Darstellung des gesetzestreuen Handelns wird es hingegen immer mehr.

Versäumnisse der schwarz-blauen Abgeordneten in diesen Bereichen sind festzu­stellen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist nicht wahr! – Weiterer Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Sie, Herr Minister Böhmdorfer, diskreditieren einen ganzen Berufs­stand: eben durch Ihr Beharren und Verharren auf einem erkennbaren politischen Wei­sungsrecht der Staatsanwaltschaft gegenüber, und damit entziehen Sie der Staats­anwaltschaft die Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung. (Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist eine Aschermittwoch-Rede!) – Dass auch ÖVP-Justizsprecherin Maria Fekter kein Problem mit Weisungen des Justizministers hat, setzt dem Ganzen sozusagen noch die Krone auf! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Frau Fekter bezeichnete den Vorschlag der SPÖ – dieser wurde gemeinsam mit der Richtervereinigung gemacht – auf Übertragung des Weisungsrechtes an einen unab­hän­gigen Generalprokurator oder an den Bundesstaatsanwalt als rechtspolitischen Rückschritt. (Abg. Dr. Fekter: Rechtswidrige Weisungen hat es immer unter sozialisti­schen Justizministern gegeben!)

Frau Fekter, ich frage Sie daher jetzt: Ist politische Justiz für Sie ein rechtsstaatlicher Fortschritt?! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Lassen Sie mich weiter ausführen, was für mich noch ein Problem in dieser Regierungsvorlage ist, näm­lich diese so genannten clamorosen Fälle. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie Gegenrufe von Abgeordneten der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Es wurde ein System unterbrochen, nämlich dass der Staatsanwalt Herr des Verfah­rens sein soll. Und dann macht man es so – ich glaube, auf Vorschlag von Frau Kollegin Partik-Pablé –, dass „clamorose Fälle“ gesondert zu behandeln sind. Jetzt bestimmt der Staatsanwalt, der weisungsgebunden ist, was ein clamoroser Fall ist, und dann kommt das Ganze wieder zum Untersuchungsrichter. Das ist wahrlich keine saubere Lösung, sehr geehrte Damen und Herren von ÖVP und FPÖ! (Beifall bei der SPÖ. – Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dazu, was ein „clamoroser Fall“ ist, sagte Herr Bundesminister Böhmdorfer dem „Stan­dard“ gegenüber: Das müssen die Medien entscheiden! – Dazu kann ich nur sagen: Na dann gute Nacht, Österreich! (Abg. Neudeck: Wass Sie da daherreden! Das darf doch nicht wahr sein ...!) Der Justizminister überlässt uns der Medienjustiz. – Jede/jeder soll sich hier einen Reim darauf machen. Ich bin jedenfalls nicht dafür, dass wir in die Bundesverfassung sozusagen eine vierte Gewalt einführen; dann müsste man das anders machen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Böhmdorfer.) – Wenn Sie das nicht gesagt haben, dann können Sie das ja noch klarstellen.

Das nächste große Problem bei dieser Reform ist – das hat auch Standesvertreter Schröder einige Male ausgeführt –, dass nach Meinung der Standesvertreter zu wenig Staatsanwälte bereitgestellt werden, um diese Reform wirklich durchsetzen zu können. Die Ansichten bezüglich benötigter Personalressourcen divergieren zwischen 55 und 200 Personalplanstellen; das ist schon ein mehr als großer Unterschied. – Jedenfalls müsste man sich noch einmal Gedanken darüber machen, dass es wahrscheinlich mehr Planstellen sein müssen, wenn im Jahre 2008 diese Reform dann umgesetzt werden wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Folgendes, sehr geehrte Damen und Herren, soll nicht eintreten – was aber Stan­des­vertreter Schröder befürchtet –: dass eben im Zusammenhang mit der Reform des Strafprozesses die Befürchtung besteht, dass es durch die Übermacht des Exekutiv­organs Polizei zu einer Art Polizeistaat kommen könnte. Das hoffen wir ja nicht, und


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