Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 77

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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Ab­geordnete Stadlbauer. – Bitte.

 


13.08

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Gesetz ist wahrscheinlich verfassungswidrig. (Abg. Parnigoni: Mit Sicherheit!) Das sage nicht nur ich, das sagt nicht nur die Opposition insgesamt, sondern das sagen auch namhafte Experten wie zum Beispiel der Verfassungsjurist Dr. Mayer – siehe APA vom 19. Februar – oder der Strafrechtsexperte Dr. Bertel.

Wenn dem so ist, wenn es diese Befürchtungen gibt, dann frage ich: Wie kann das ein Bundesminister, der dafür die politische Verantwortung trägt, zulassen, ein Bundes­minister, von dem man annimmt, dass er verantwortungsbewusst handelt? Wie können Sie zulassen, dass heute dieses Gesetz beschlossen wird? Und wie können Abgeord­nete von den Regierungsparteien, von ÖVP und FPÖ, sehenden Auges dieses Gesetz beschließen, von dem sie wissen, von dem sie hören, dass es wahrscheinlich verfas­sungswidrig ist? Wo ist da ihr Verantwortungsbewusstsein?

Es ist doch unsere Aufgabe, Gesetze zu beschließen, die die Regeln unserer Gesell­schaft optimal gestalten und auf die sich die Menschen hundertprozentig verlassen können. Ich frage mich wirklich: Was für ein Signal senden Sie heute wieder einmal an die Bevölkerung aus? (Abg. Scheibner: Sie haben ein kurzes Gedächtnis dafür, wie Sie das immer gemacht haben!) – Ich bin wirklich sehr betroffen davon, dass es Ihnen an­scheinend wirklich völlig egal ist, dass Sie heute ein wahrscheinlich verfassungs­widriges Gesetz beschließen. (Abg. Scheibner: Sie haben ein kurzes Gedächtnis dafür, wie Sie mit der Verfassungsmehrheit umgegangen sind!) Sie hätten genauso wie wir alles unternehmen müssen, damit diese Befürchtung entkräftet werden kann, aber Sie haben es nicht getan. Das Muster ist immer dasselbe: Drüberfahren ohne Rück­sicht auf irgendwelche Verluste!

Aber ich möchte mich jetzt auf die Opferrechte konzentrieren. Ich finde es wirklich bemerkenswert, wer aller sich jetzt hierher stellt und darauf pocht, dass er oder sie die ErfinderIn der Opferrechte ist. (Abg. Dr. Gusenbauer: Ein Chor!) Um einer Legen­den­bildung vorzubeugen, möchte ich zum einen darauf hinweisen, dass es einen EU-Rahmenbeschluss gab, den wir umsetzen mussten. Zum anderen war ich – im Gegen­satz zu vielen anderen – im Unterausschuss und kann mich nicht daran erinnern, dass Vertreter und Vertreterinnen von ÖVP und FPÖ sehr groß diskutiert und Opferrechte eingebracht haben.

Das war anfangs kein Thema. Erst im letzten Unterausschuss, und auch da auf Inter­vention der Opposition, wurden die Opferrechte ernsthaft zum Thema gemacht. Vorher ist es nur nebenbei ein bisschen diskutiert worden, und vor allem: Wenn Verbes­se­rungsvorschläge gekommen sind, entweder von uns, von der Opposition, oder von den Opferschutzeinrichtungen – bei deren Vertretern möchte ich mich an dieser Stelle recht herzlich für die Arbeit bedanken –, dann sind diese Forderungen immer mit irgendeiner Begründung vom Tisch gefegt worden und waren auf einmal kein Thema mehr. Nur dank unserer Beharrlichkeit, gemeinsam mit den Opferschutzeinrichtungen, ist es gelungen, dass dann eine Forderung nach der anderen in der Regierungsvorlage, im Gesetzentwurf enthalten waren, zum Beispiel der Wegfall der 4 000-€-Grenze für Schäden bei der Zurverfügungstellung von kostenlosem Rechtsbeistand, oder die Pro­zessbegleitung für alle Gewaltopfer, oder die Unterscheidung zwischen den Opfern und deren Rechten, oder dass überhaupt einmal der Begriff „Opfer“ aufgenommen wird. Aber jetzt sagen Sie, Sie seien die Erfinder der Opferrechte und dank Ihrer Politik und Ihres Einsatzes werde das jetzt mit umfasst. Das stimmt einfach nicht, und ich denke, das muss man richtig stellen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


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