Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 96

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14.20

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, Ihre Lobhudelei und die Selbstbeweihräucherung, die Sie sich da angesichts angeblicher Reformen regelmäßig angedeihen lassen, sind nicht nur widerlich, sondern sachlich auch nicht gerechtfertigt.

Entgegen den Ausführungen des Herrn Klubobmannes Scheibner handelt es sich auch in diesem Fall nicht nur nicht um eine abgeschlossene Reform, sondern es handelt sich um keine Reform, ja es handelt sich sogar um eine sehr schlechte Novelle, die ein Jahrhundertwerk hätte sein können, wenn Sie sozialdemokratische Kritik ernst ge­nommen hätten. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Dass Sie sich selbst dessen bewusst sind, beweisen ja auch die Äußerungen von Ihnen, Herr Justizminister. Ich finde es unerträglich, wenn Sie sich einerseits auf die Broda’sche Strafprozessreform-Tradition berufen (Abg. Scheibner: Das war ich!) – oder auch Herr Kollege Scheibner –, auf der anderen Seite, Herr Justizminister, immer wieder mehr oder weniger deutlich, manchmal unterschwellig, manchmal deutlicher, erklären, Broda hätte Weisungen erteilt, die eben so nicht in Ordnung gewesen sind. – Das weise ich auf das Schärfste zurück! Nennen Sie mir einen einzigen Fall, in dem Broda eingegriffen hätte, wie Sie es etwa im Fall Koloini gemacht haben und wie Sie es möglicherweise – ich betone: möglicherweise! – auch in der Causa Grasser gemacht haben könnten; ich sage: könnten. Das wird noch weitere Untersuchungen nach sich ziehen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist ja nachgewiesen vom Minister Broda! 23 Weisungen hat Broda im AKH-Verfahren erteilt! – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Liebe Frau Kollegin Fekter, es ist keine Justizentscheidung, denn das Phänomen an der Einstellung des Verfahrens im Fall Grasser ist ja nicht, dass entgegen dem üblichen Vorgang von der Justiz eine Mitteilung kommt, dass ein Verfahren eingestellt wird, sondern just in dem Moment, wo der Herr Finanzminister angesichts der schwe­ren Vorwürfe gegen ihn, die er nicht entkräften kann, zu kippen droht, genau in der Sekunde kommt ein Sprecher des Herrn Justizministers namens Pürstl und sagt: Das Verfahren ist eingestellt. – Der Herr Justizminister teilt also jetzt schon mit, wann Ver­fahren eingestellt werden, und nicht die Justiz. Und das lässt einen schalen Bei­ge­schmack zurück, den Sie nicht entkräften können. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Posch: Er hat sich dabei verraten!) Er hat sich dabei verraten, Sie haben Recht.

Es ist ja auch keine Frage der Beratungsdauer, denn wenn die Qualität nicht ausreicht, dann können Sie Jahre diskutieren, und Sie werden zu keinem sinnvollen Ergebnis kommen. Das beweist auch diese Gesetzesvorlage, die absolut nicht abstimmungs­tauglich ist, die verfassungswidrig ist und schon deshalb nicht unsere Zustimmung finden kann.

Auch was den Rechtsschutzbeauftragten betrifft, ist einmal klarzustellen: Natürlich sind wir für den Rechtsschutzbeauftragten, natürlich sind wir für seine Weisungsfreiheit und Unabhängigkeit, natürlich sind wir auch für die verfassungsmäßige Verankerung – aber nicht so, wie Sie es wollen, sondern mit entsprechenden flankierenden Maß­nahmen! Wir wollen nicht, dass irgendein Rechtsschutzbeauftragter aus einer Materie, in die er seinerzeit eingeführt wurde, jetzt für das gesamte Rechtswesen globalisiert wird und Sie sich dann in irgendeiner Form immer wieder bei allen Problemen, die Sie nicht lösen können, dieses Rechtsschutzbeauftragten bedienen können. Dagegen werden wir eintreten, und daher stimmen wir auch nicht zu. (Abg. Dr. Spindelegger: Wo ist der tosende Applaus?)

 


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