Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 97

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Den tosenden Applaus, Herr Kollege, können Sie jetzt spenden, denn jetzt kommt etwas, was Ihre Frau Kollegin Fekter ins Spiel gebracht hat. Ich sage Ihnen: Sie sollten sich einer Verantwortung nicht entziehen, nämlich der Verantwortung, die wir als Abge­ordnete alle haben: nicht hier Stückwerk wie zum Beispiel diese missglückte Straf­prozess-Novelle zu betrachten, sondern ein gesamtes System, das diese schwarz-blaue Regierung jetzt schön langsam immer mehr aufzuziehen beginnt, das aber immer weniger im Verborgenen bleiben kann. Sie kippen nämlich nicht nur den So­zialstaat, was so weit geht, dass Sie die Leute zu Protesten auf die Straße treiben, dass Sie die Leute in die Armut treiben, was Pensionen betrifft, sondern Sie hungern auch die Universitäten aus, treiben die Professoren und Studenten auf die Straße und färben auch die Medien ein, wie zuletzt den ORF. Nachdem Sie alle Säulen der Demokratie schon angegriffen und möglicherweise gekippt haben, gehen Sie jetzt auch noch den Bereich der Justiz an. (Beifall bei der SPÖ.)

Hier entlarvt sich der Herr Justizminister selbst, wenn er in einem heutigen „Kurier“-Interview sagt: Wann der Anwalt die Polizei beim Verhör stören darf, wird genau geregelt.

Wie wird es geregelt? – Wenn ein Gesetz nicht passt, weil es schlecht genug ist, dann machen wir das mit einem Erlass! Aber dieser Erlass wird nicht vom Herrn Justiz­minister gemacht, sondern er muss seinen nicht gerade großen Amtskollegen, Herrn Innenminister Strasser, fragen: Wie darf denn der Erlass ausschauen, damit wir ja schön unsere Weisungen geben können und in Zukunft über unsere Weisungs­hierarchie vom Innenminister zum Justizminister Verfahren einleiten oder einstellen können, wie es uns passt? – Eine solche Strafprozessordnung ist nicht nur nicht ab­stimmungswürdig, sondern sie ist verachtenswürdig! (Beifall bei der SPÖ. – Ah-Rufe bei den Freiheitlichen.)

Ich könnte Ihnen jetzt auch noch Robert Menasse aus dem „Standard“ der Vorwoche zitieren, aber das ist nur in dem Lichte zu sehen, dass Sie, Frau Kollegin Fekter, selbst die Selbstausschaltung des Parlaments angesprochen haben. – Ich sage Ihnen noch dazu: Erinnern Sie sich zurück an die Umstände, die zum Justizpalast-Brand geführt haben!, und dann werden Sie verstehen, warum wir dieses Klima gerade in der Justiz nicht wollen – und auch nicht eine Reform, gegen die die Richter sind, gegen die die Staatsanwälte sind, gegen die die Rechtsanwälte sind, und alle mit gutem Grund. Zu dieser Reform sagen wir: Nein, danke! (Beifall bei der SPÖ.)

14.26

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. – Bitte.

 


14.26

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die letzten Diskussionsbeiträge, die die Frage der Wei­sungsfreiheit betroffen haben, haben eines für mich aufgezeigt, was bei einer solchen Debatte mit beachtet werden sollte, nämlich ein unklares Verhältnis der SPÖ zur Gewaltentrennung an sich. Ich möchte das an den Beispielen von Kollegen Puswald, aber auch von Frau Kollegin Wurm, die auf die Staatsanwaltschaft eingegangen sind und hier Weisungsfreiheit verlangen, aufzeigen.

Sie, Frau Kollegin Wurm, befürchten, dass, wenn staatsanwaltliches Handeln, also exekutives Handeln des Staates, überprüft werden kann, öffentlich überprüft werden kann, medienöffentlich überprüft werden kann, letzten Endes auch parlamentarisch hinterfragt werden kann, hier eine vierte Gewalt entstünde. – Genau das ist nicht der Fall! Das wäre bei der Weisungsfreiheit der Fall, wenn ich neben der Rechtsprechung, neben der Gesetzgebung und neben der Exekutive noch die Staatsanwaltschaft als


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