Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 104

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und keine Husch-Pfusch-Aktion, Herr Kollege Wittmann. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Dolinschek.)

Es ist dies eine neue Strafprozessordnung, deren jetzt gültiger Vorläufer im Wesent­lichen auf das Jahr 1873 zurückgeht!

Lassen Sie mich aber auf eine Gruppe eingehen, der im Strafprozess eine bedeutende Rolle zukommt und deren Interessen wohl am meisten zu wahren sind: die Opfer. – Die neue Strafprozessordnung dehnt die Rechte der Opfer deutlich aus. Es ist er­freulich, dass Sie, Frau Kollegin Stoisits, das in Ihrem Minderheitsbericht auch deutlich anerkennen.

Generell soll die Rolle der Beteiligten im Verfahren, also jene der Beschuldigten und eben der Opfer, verstärkt werden, ihnen also weitere Informations-, Beteiligungs- und Antragsrechte zugebilligt werden. Trotzdem muss eines klargestellt werden: Der Staat – und nur der Staat! – hat das Anklagemonopol. Das ist einer der wichtigsten Grundsätze unseres Rechtssystems und hat seinen guten Grund, weil nur ein objektiver Dritter emotionsfrei und ohne Vorbehalte an die Klärung von Sachverhalten herangehen kann. Deshalb halte ich die Forderung nach der Möglichkeit des Einbrin­gens einer Nichtigkeitsbeschwerde durch den Privatbeteiligten im Falle eines Frei­spruches als zu weit gehend, und daher hat die Forderung auch keinen Niederschlag in der Reform gefunden.

Wohl aber hat der Privatbeteiligte das Recht, in Zukunft bei Zurücklegung des Verfah­rens durch die Staatsanwaltschaft die Anklage als Subsidiarkläger aufrechtzuerhalten. Was aber in der neuen StPO vorgesehen ist, ist, dass Opfer das Recht auf Information haben, auf Beteiligung an der parteiöffentlichen Beweisaufnahme sowie der Haupt­verhandlung, unabhängig von der Erklärung, sich am Verfahren beteiligen zu wollen. Dort haben sie auch die Möglichkeit, Angeklagte, Zeugen und Sachverständige zu befragen und ihre Sicht darzulegen, ohne zwingend Schadenersatz geltend machen zu müssen. Opfer haben in Zukunft ebenso wie bisher die Täter das Recht auf Prozess­begleitung.

Neu ist die Stellung der Opfer als Privatbeteiligte, so sie sich dazu entschließen. Dadurch erhalten die Opfer eine Rechtsstellung, die ihnen bisher verwehrt geblieben ist, neben dem schon erwähnten Recht der Subsidiaranklage auch die Möglichkeit des Beweisantragsrechtes – ein wichtiger Fortschritt, vor allem aus psychologischer Sicht, weil den Opfern dann nicht mehr das Gefühl gegeben wird, es wäre nicht alles unter­nommen worden, was möglich ist.

Apropos psychologisch: Emotional besonders belastete Opfer sollen darüber hinaus Anspruch auf Prozessbegleitung erhalten, sowohl juristisch als auch psychologisch, allerdings nicht nach dem Gießkannenprinzip, sondern zielgenau dort, wo es tat­säch­lich erforderlich ist.

Entscheidend ist für mich die generelle Anerkennung der Opfer von Straftaten im Prozess, einerseits durch das Ersetzen des unglücklichen Begriffs der so genannten Geschädigten durch „Opfer“ sowie andererseits durch § 10 Abs. 3, der die Ver­pflich­tung generell hervorhebt, dass bei der Strafverfolgung Opfer „mit Achtung ihrer per­sönlichen Würde zu behandeln und deren Interesse an der Wahrung“ ihrer Intim­sphäre zu respektieren ist.

Klar jedoch ist: Die Unschuldsvermutung ist höchstes juristisches Gut in unserem Land! Zu verlangen, dass eigentlich kein Opfer mehr, nicht einmal das Handtaschen­raub-Opfer seinem Täter gegenübertreten soll, ginge zu weit. Da ist eine ordentliche Prozessbegleitung effektiver.

 


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