Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 107

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

dass schon nichts passieren wird. Wenn es dann zum Ernstfall kommt, stehen wir fassungslos vor dem unermesslichen Leid der Betroffenen und ihrer Angehörigen.

Die Bewältigung dieser Unfälle ist schwierig. Auch mit noch so hohen Summen lassen sich ihre Folgen vielfach nicht aus der Welt schaffen, und die Schmerzen der Ange­hörigen der Opfer lassen sich mit Geld alleine nicht ausgleichen. Es ist daher auch mehr als verständlich, wenn das (noch nicht rechtskräftige) Urteil im „Kaprun“-Straf­verfahren bei den Angehörigen wie auch in der Öffentlichkeit zu heftigen Reaktionen geführt hat. Meist wird zwar Verständnis dafür geäußert, dass strafrechtliche Verur­teilungen von nachweisbarer individueller Schuld abhängen. Es ist aber verständlich, dass nach derartigen Katastrophen nach Schuldigen gesucht und es z.T. als unbe­friedigend empfunden wird, wenn niemand zur Verantwortung gezogen werden kann.

Nicht nur als Benützer einer Gletscherbahn sondern auch bei vielen anderen Gele­genheiten begibt man sich immer wieder in gefährliche Situationen, deren Risiken man – weil es sich um fremdorganisierte unüberschaubare Anlagen handelt – schwer bis gar nicht selbst beurteilen und auch kaum selbst beeinflussen kann. Man kann in solchen Situationen nur darauf vertrauen, dass der Betreiber alles Menschenmögliche für die Sicherheit der Betroffenen tut und der Staat seine Aufgabe wahrnimmt, ent­sprechende Standards und Kontrollen sicherzustellen. Wenn ein solches Risiko schlagend wird, erwartet man dementsprechend sowohl zivilrechtliche Entschädigung als auch – bei Verschulden – strafrechtliche Konsequenzen.

Der Gesetzgeber hat im Bereich des Zivilrechts schon frühzeitig Regelungen ge­schaf­fen, die eine – meist der Höhe nach begrenzte – Haftung auch ohne Verschulden („Gefährdungshaftung“) dann sicherstellen, wenn sich jemand einer gefährlichen Sache zu seinem Nutzen bedient, damit aber andere gefährdet. Zu nennen ist hier z.B. die Haftung für Tiere oder für Sachen, die von oder aus Häusern herabstürzen, sowie die Haftung für Eisenbahnen und Kraftfahrzeuge, aber auch Schlepplifte und Berg­bahnen nach dem Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz sowie Regelungen für andere Technologien (Strom, Gas, Flugzeuge, Atomkraft). Diese Regelungen gelten aber immer nur für Schadensfälle in genau festgelegten Risikobereichen.

Für das Beispiel der „Kaprun“-Katastrophe ist also eine Entschädigung auch ohne Ver­schulden in einem beschränkten Ausmaß nach EKHG sichergestellt (diese Entschädi­gungen wurden ja auch bereits teilweise ausbezahlt), darüber hinausgehende An­sprüche hängen von der Nachweisbarkeit eines Verschuldens ab.

Der Gesetzgeber hat im Übrigen durch das erste kürzlich beschlossene Zivilrechts­änderungsgesetz einen immateriellen Schadenersatzanspruch beim Tod naher Ange­hörige beschlossen, der gerade auch im Fall von Katastrophen zum Tragen kommen kann.

Ab dem Jahr 2001 wurde durch eine Änderung des Krankenanstaltenrechtes die Situation bei Schadensfällen in Krankenanstalten durch die Einrichtung von Entschädi­gungsfonds erstmals deutlich verbessert, die pauschale Abgeltungen bei Patienten­schäden ohne klar nachweisbares Verschulden leisten. Gerade im Krankenhaus sind Patienten aber auch Mitarbeiter und Besucher – abgesehen von Fehlbehandlungen – spezifischen Risiken und Gefahren wie vor allem dem in Spitälern grundsätzlich erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt. Ein mehr oder weniger harmloser Knochenbruch kann so trotz hervorragender Behandlung zu einer schweren Keiminfektion mit Dauer­schäden führen. Solche Risiken musste der Betroffene vor Schaffung dieser Fonds geradezu als schicksalhaft hinnehmen, weil die Krankenanstalt hiefür nur haftet, wenn sie Hygienemaßnahmen nachweislich unterlassen hat.

Doch nicht nur die zivilrechtliche Haftung im Sinne von Schadenersatzansprüchen ist nach Ansicht der unterfertigten Abgeordneten unbefriedigend, auch die Frage einer


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite