allfälligen
strafrechtlichen Verantwortung ist derzeit nur zum Teil gelöst. Ist ein Verhalten,
das zu einem Schaden führt, eindeutig einer natürlichen Person zurechenbar, so
kann selbstverständlich die Strafbarkeit des gesetzten Verhaltens von Staatsanwaltschaft
und Gericht überprüft werden. Anders stellt sich die Situation dar, wenn die
inkriminierte Handlung nicht eindeutig zuordenbar ist, etwa in dem Fall, dass
eine Herzkreislaufmaschine aufgrund grob fahrlässiger Wartungsmängel ausfällt
und der Patient verstirbt. Diesfalls liegt zwar unter Umständen ein
Organisationsverschulden der Krankenanstaltsleitung vor. Eine ähnliche
Konstellation könnte auch im Fall der „Kaprun“-Katastophe vorliegen.
Viele andere
Staaten (Großbritannien, Frankreich, Irland, Niederlande, Belgien, Dänemark,
Schweden, Kanada, Australien, USA, Japan, demnächst die Schweiz und Finnland)
sehen in solchen Fällen die Verantwortlichkeit juristischer Personen vor. Auch
in etlichen internationalen Beschlüssen wird eine Verantwortlichkeit
juristischer Personen vorgesehen, um zu verhindern, dass für ein
Fehlverhalten, von dem eine juristische Person profitiert und das sie auch
irgendwie begünstigt hat, nur ein einzelner Mitarbeiter bestraft werden kann,
die „Methode“ aber ungestraft und damit weiterhin wirtschaftlich interessant
bleibt. Ein derartiges System würde – unabhängig von der Strafbarkeit
eines einzelnen Mitarbeiters – Geldstrafen für Unternehmen ermöglichen,
die sich dem Vorwurf aussetzen, z.B. durch ihre leitenden Mitarbeiter, durch
mangelhafte Organisation oder mangelhafte Kontrolle ihrer Mitarbeiter strafrechtliches
Unrecht verwirklicht zu haben und davon zu profitieren.
Im
Bundesministerium für Justiz besteht bereits seit längerer Zeit eine
Arbeitsgruppe, die sich mit der Neugestaltung des österreichischen
Schadenersatzrechts befasst. Gerade die Erfahrungen im Umgang mit Katastrophen
wird in dieser Arbeitsgruppe sicherlich auch zu einer Überprüfung der
bisherigen Ergebnisse im Lichte der Besonderheiten von Unglücksfällen führen
müssen.
Die
unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Herrn Bundesminister für
Justiz nachstehende
Anfrage:
1. Wie
beurteilen Sie die derzeit geltenden Regelungen über die straf- und zivilrechtliche
Verantwortlichkeit für gefährliche Betriebe und Anlagen?
2. Wie weit
sind die Arbeiten der Arbeitsgruppe Schadenersatzrecht im Bundesministerium
für Justiz gediehen?
3. Werden Sie
darauf hinwirken, dass in dieser Arbeitsgruppe insbesondere auch die
Besonderheiten des Schadenersatzrechts im Katastrophenfall berücksichtigt und
die bisherigen Ergebnisse in diesem Lichte überprüft werden?
4. Wie stehen
Sie zu der in letzter Zeit häufig gestellten Forderung der Verantwortlichkeit
von juristischen Personen?
5. Wie
beurteilen Sie das Verhältnis gerichtliches Strafrecht zu Verwaltungsstrafrecht
im Bereich der Verantwortlichkeit juristischer Personen insbesondere im Lichte
des Verbots der Doppelbestrafung?
6. Welche
Überlegungen gibt es dazu bisher im Bundesministerium für Justiz?
7. Wodurch
soll sichergestellt werden, dass es durch eine Einführung der Strafbarkeit
juristischer Personen nicht zu einer reinen Erfolgshaftung kommt?
8. Wie beurteilen Sie die rechtliche
Stellung von Patienten und Pflegebedürftigen aus der Sicht Ihres Ressorts?