Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 111

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niemandem zugeordnet werden können. Damit wird auch die Möglichkeit, Schaden­er­satz­ansprüche zu stellen, wesentlich erweitert.

Diesen Weg möchte der Justizminister gehen. Es gibt Vorarbeiten dazu. Bisher war aber die Wirtschaft dagegen, dass es eine solche Unternehmenshaftung gibt. Ich glau­be jedoch, dass wir alles daransetzen müssen, um auch in Österreich dem inter­nationalen Standard ebenso wie der Befindlichkeit der Opfer von Verbrechen Rech­nung zu tragen und eine solche Haftung in unserem Lande einzuführen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht nur Katastrophen oder große Unglücks­fälle sind es, die die Frage des schuldhaften Handelns und die Haftung von juristischen Personen hervorrufen, sondern es gibt auch im täglichen Leben solche Fälle. Bei­spielsweise Vorkommnisse in Krankenanstalten oder der Pflegeskandal in Lainz haben ja auch deutlich aufgezeigt, dass es Fälle gibt, bei denen man individuell keine Schuld zuweisen kann, es aber Organisationsverschulden gibt.

Man kommt zum Beispiel mit einer Blinddarmentzündung ins Spital, zieht sich dort eine Infektion zu. Dafür kann meistens keine persönliche Schuldzuweisung gemacht wer­den. Dazu gibt es ja auch eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes: In einem solchen Fall zahlt niemand. Das Krankenhaus ist völlig außer Obligo, obwohl natürlich die Ur­sache der Infektion in dem Spitalsaufenthalt oder in den Hygienebestimmungen liegt.

Ich möchte auch einige von jenen Beispielen aufzählen, die im Krankenhausbereich passiert sind, wo trotz gravierender Fehler strafrechtlich niemand zur Verantwortung gezogen werden konnte und damit auch die Einforderung des Schadenersatzes unendlich erschwert worden ist:

Im Jänner 1997 ist etwa ein 64-Jähriger in ein Wiener Spital eingeliefert worden. Ihm wurden statt der kranken rechten Niere die linke Niere und die Milz entfernt. Das Ge­richtsverfahren hat dazu geführt, dass das Verfahren gegen die Urologin eingestellt worden ist, aber nicht, weil das Gericht schlampig war, sondern weil eine individuelle Schuldzuweisung nicht möglich war.

Oder: Am 13. Oktober 1995 wurde im Wiener AKH einem 63-Jährigen irrtümlich der Hoden entfernt. Die Anästhesistin ist wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer be­dingten Geldstrafe verurteilt worden, weil sie die Identität des Patienten nicht nach­geprüft hat, der Chirurg aber geht frei. Das ist völlig unbefriedigend!

Oder: Ebenfalls im Wiener AKH ist eine Frau an Kindbettfieber gestorben. Das Ver­fahren ist eingestellt worden, obwohl festgestellt wurde, dass nicht die nötige medizini­sche Sorgfalt gepflogen worden ist. Es konnte keine individuelle Schuldzuweisung er­folgen.

Das heißt also, im völlig normalen täglichen Leben haben wir es ebenfalls mit diesem Problem zu tun. Deshalb ist es auch notwendig, dass die Haftung der juristischen Per­sonen dringend eingeführt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Geriatrie haben wir ja gerade in der letzten Zeit über diese furchtbaren Verhältnisse in Lainz gehört, wo Patienten verhun­gert sind, wund gelegen sind, weil kein Personal da war. Das ist ein Organi­sations­verschulden. In solchen Fällen ist das Krankenhaus – in diesem Fall die Pflegeanstalt Lainz – frei. Schadenersatzansprüche können zwar auf dem Zivilrechtsweg geltend gemacht werden, aber es gibt ungeheure Schwierigkeiten, dort wirklich Ansprüche durchzusetzen. Anders ist es, wenn es eine strafrechtliche Verurteilung gibt.

 


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