Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 122

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letzten drei Jahren seit diesem Martinitag im Jahr 2000 als quasi Außenstehender oder als nicht unmittelbar von der Tragödie von Kaprun Betroffener erlebt hat, hat, glaube ich, nichts damit zu tun, ob man österreichische Politikerin oder Politiker ist. Vielmehr haben die Vorgänge rund um diese Tragödie und die Betroffenheit über das, was in den folgenden drei Jahren bis zu dem Zeitpunkt, als vorvorige Woche das Urteil des Strafgerichtes gesprochen wurde, geschehen ist, ganz Österreich bewegt.

Damals herrschte vor allem völlige Fassungslosigkeit darüber, dass so etwas pas­sieren kann. – Tausende und Abertausende und wahrscheinlich auch die meisten von Ihnen sind, so wie auch ich, irgendwann einmal mit dieser Bahn durch den Tunnel aufs Kitzsteinhorn gefahren. Niemand denkt daran, wenn er so eine Bahn besteigt, dass so etwas passieren kann. Jeder von uns hat – ich rede jetzt von mir – wahrscheinlich ein viel größeres Unsicherheitsgefühl, wenn er in einer Seilbahn hoch oben in der Luft hängt und sich vorstellt, was wäre, wenn jetzt etwas geschähe. Ich hatte jene Male, als ich durch diesen Tunnel gefahren bin, nie ein subjektives Unsicherheitsgefühl. Davon ausgehend verstehe ich, dass die Betroffenheit nach dieser Tragödie so groß war. Es war unfassbar, dass das passiert ist.

Jetzt kam für jene, die Distanz dazu hatten und keine Leute, die dort verbrannt sind, beziehungsweise deren Angehörige kennen, die Berichterstattung über den Prozess und über das, was man in der Öffentlichkeit und auch von unserer Seite als Pannen im Prozess bezeichnet hat – untechnisch gesprochen, Herr Bundesminister –, denn es hatte auf die Menschen die Wirkung, dass da irgendetwas nicht ganz in Ordnung ist. Glauben Sie, Herr Bundesminister, dass, wenn Leute davon lesen, dass sich, weil es zu wenig ProtokollantInnen gibt, ein Prozess verzögert, bei irgendjemandem dadurch das Vertrauen in den Rechtsstaat gestärkt wird? Man kann ganz weit weg sein von den Angehörigen der Opfer von Kaprun und niemanden kennen: Das mutet dermaßen seltsam an, wenn es nach einer Tragödie wie dieser zu etwas wie einer öffentlichen Aufarbeitung eines Prozesses kommt. Es gab viel öffentliche Anteilnahme, und es stimmt doch bedenklich, wenn man dann lesen muss, dass es zu wenig Protokol­lantInnen gibt und dergleichen. – Ich werte jetzt nicht, ob da ein Fehler vorliegt oder nicht, sondern ich interpretiere die Wahrnehmung, die von außen kommt.

Dann kommt das Urteil, und das Urteil ist so, wie es war. Und dann gibt es eine öffent­liche Diskussion darüber, die ich nicht bewerten möchte. Es ist nicht meine Aufgabe und nicht Ihre und nicht die Aufgabe eines Abgeordneten oder einer Abgeordneten, hier darüber zu urteilen, ob es ein Fehlurteil oder Nichturteil war. Die unabhängige Jus­tiz hat ein erstinstanzliches Urteil gesprochen. Jetzt gibt es den Instanzenzug, es han­delt sich um ein nicht abgeschlossenes Verfahren. Das ist aber der einzige – unter Anführungszeichen – „Trost“, den man Angehörigen in den letzten Tagen beziehungs­weise zwei Wochen geben konnte, wenn man als Politikerin darauf angesprochen wur­de, indem man sagte: Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

Jetzt komme ich sozusagen zur „Begleitmusik“ des Ganzen und zu Ihrer Reaktion im Zusammenhang mit diesem Urteil, wie es sich jetzt mit der Strafbarkeit juristischer Personen verhält. – Ich unterstelle Ihnen gar nichts, auch kein Fehlverhalten. Ich sage nur, dass es natürlich auffallend war, dass diese Frage genau jetzt – wie intensiv durch Sie, will ich jetzt nicht beurteilen – in der Öffentlichkeit präsentiert wurde, wie auch diese Dringliche Anfrage heute zeigt.

Herr Minister! Ich meine nämlich, dass Maßnahmen nicht nur zu ergreifen sind, wenn es Druck von Seiten der Zeitungen und der Öffentlichkeit gibt. Vielmehr gibt es auch so etwas wie die Verantwortlichkeit eines Ressorts und eines Ministers für das, was poli­tisch zu geschehen hat, ohne dass die „Krone“, die „Salzburger Nachrichten“, der „Ku­rier“ oder der „Standard“ dahinter sein müssen. Ich meine: Sie und die Politik insge­samt haben dahinter zu sein!

 


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