Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 125

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Wenn hier ein Symposion zu diesem Thema veranstaltet wird, dann ist das ausge­spro­chen zu begrüßen und wird auch weitere Konsequenzen im eigenen Bereich zur Folge haben, weil man eben aus bestimmten Vorfällen lernen kann und lernen muss.

Der wichtigste Punkt ist heute hier schon klargestellt worden: Wir reden immer davon, dass es hier nicht um eine Unternehmenshaftung gehen kann nach dem Motto einer absoluten Gefährdungshaftung, sondern immer abgeleitet nach dem Verschuldens­prinzip. Und wenn wir vom Verschuldensprinzip ausgehen, dass nämlich hier ein indi­viduelles Versagen, ein Überwachungs- beziehungsweise ein Organisations­ver­schul­den, vorliegen muss und das im konkreten Fall Kaprun nicht festgestellt werden konn­te, dann ist natürlich auch klar, dass sich haftungsrechtlich keine weiteren Konse­quen­zen ergeben können! Das werden wir auch jetzt im konkreten Fall sehen, denn hier ist von der Gefährdungshaftung her das EKHG – also das Eisenbahn- und Kfz-Haftpflicht­gesetz – maßgeblich. Nur dann, wenn jetzt ein Verschulden feststellbar ist, geht es über die bestimmten Summen hinaus.

Dass dabei natürlich die entsprechende Wortwahl wichtig ist, haben wir schon mehr­mals angesprochen, und es ist vielleicht nicht im entsprechenden Umfang so ge­schehen, wie es hätte sein können. Genau dort sind wir aber jetzt bei dem Problem, das hier angesprochen wurde, dass sich die Wirtschaft dagegen aussprechen würde, dass hier verschuldensunabhängig vorgegangen wird.

Sie wissen ganz genau: Organisationen beziehungsweise juristische Personen han­deln immer durch Menschen. Wenn man aber kein Verschulden eines Menschen fest­stellen kann, dann kann man nicht auf einen irgendeinen unbestimmten Begriff aus­wei­chen und sagen: Ich konnte zwar nicht feststellen, dass das oder jenes unterlassen wurde, aber es gibt eine Organisation, die eben das und das nicht gemacht oder falsch gemacht hat, daher sage ich ganz allgemein: Das Unternehmen soll dafür bestraft werden oder haften. – Das entspricht nicht unserem Rechtsstaatsprinzip, vor allem dem Verschuldensprinzip, und daher lehnen wir eine derartige Vorgangsweise ab!

Wir lehnen diese Vorgangsweise vor allem deswegen ab, denn was wäre denn die Konsequenz? – In der Folge käme es zu amerikanischen Verhältnissen, dass überall dort, wo eine Gefahr oder Gefährdung eintritt und tatsächlich etwas passiert, zu allererst einmal die Haftung zum Tragen kommt, das Versicherungsrisiko kaum mehr bewältigbar ist und die unternehmerische Leistung damit eigentlich unkalkulierbar und nicht mehr bewältigbar wird.

Deswegen sind wir als Wirtschaft daran interessiert beziehungsweise eigentlich dazu verpflichtet, so vorzugehen, wie in der Europäischen Union vorgegangen wird – heute wurde mehrmals Deutschland angesprochen, wo eben genau so vorgegangen wird –, dass nämlich das individuelle Verschulden die Maßgabe für alle weiteren Konse­quenzen und Strafen ist.

Das Zweite, das in der schon angesprochenen Rahmenrichtlinie beziehungsweise im jenem Zweiten Protokoll auf europäischer Ebene vorgegeben ist, ist, dass die Tat zum Nutzen des Verbandes begangen sein muss und dass Pflichten entsprechend verletzt worden sein müssen.

Wenn man all das mit dem Überwachungsverschulden, mit dem Organisations­verschulden koppelt, dann hat man natürlich einen wesentlich geringeren Handlungs­spielraum, als es ursprünglich ausgeschaut hat.

Daher wollen wir natürlich ein abgesetztes Verfahren haben. Es soll das eine mit dem anderen nicht vermengt werden, denn sonst hat man nach jedem Ermittlungs­tat­be­stand bei Verdacht gegen das Unternehmen möglicherweise die gleiche Situation:


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