Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 132

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seinem Erschließungszwang zusammenhängt. Plötzlich mussten wir uns auseinander setzen mit Naturgewalten, die auch am Beginn des hoch technisierten dritten Jahr­tausends nur begrenzt beherrschbar sind. Galtür hat die Öffentlichkeit traumatisiert, und die emotionale Frage nach dem ,Warum mit der berechtigten nach der juristischen Schuld gleichgesetzt. Deshalb machte nicht nur die unvorstellbare Wucht der Lawine die Katastrophe zum öffentlichen Schicksal. Damit umzugehen fällt schwer.“

Man hat versucht, Schuldige zu finden. Die Lawinenkommission war damals im Blick­punkt der Öffentlichkeit.

Im gleichen Jahr ein weiteres Unglück, das Unglück am Berg Isel. Tausende junge Menschen schauten einem Snowboard-Event zu, und dann passierte das Unfassbare. Fünf junge Menschen kamen um, wurden zertrampelt im Berg Isel-Stadion. Fünf weitere junge Menschen liegen nach wie vor auf der Intensivstation der Innsbrucker Klinik. Auch da ist das Strafverfahren nach wie vor nicht abgeschlossen.

Vor einigen Tagen, nämlich am 20. Februar, erfolgte der Freispruch der Beschuldigten in Kaprun. 155 Todesopfer waren damals zu beklagen. Auch hier wieder die mensch­liche Seite. „Auf der menschlichen Seite“, so schreibt Gerd Glantschnig in der „Tiroler Tageszeitung“, „hingegen geht es um Schmerz, um Trauerarbeit und um Bewältigung des Verlustes eines geliebten Menschen. Und in diese aufgerührte Gefühlswelt stößt der kalte Richterspruch, dass kein Schuldiger gefunden werden konnte. Und rasch ist auch der Schluss gezogen, dass nach diesem Urteil niemand für die Katastrophe in Kaprun verantwortlich sei. Doch das ist falsch. Der Salzburger Strafrichter konnte lediglich keinem der 16 Angeklagten ein strafrechtlich relevantes Verschulden nach­weisen. Denn nicht bei jedem Unfall muss es automatisch einen Schuldigen geben. Aber der Richter hat mit dem Satz ,Nur Menschen, aber nicht Firmen können schuldig sein’ auch deutlich gemacht, wo möglicherweise die Verantwortung für die Katastrophe von Kaprun zu suchen ist.“

Herr Bundesminister, Sie haben heute eindrucksvoll dargestellt, dass Sie willens sind, hier zu handeln, hier ein Gesetz, das auch die Strafbarkeit von juristischen Personen vorsieht, vorzulegen. Es wurde hier schon einige Male gesagt, es gibt die ausge­streckte Hand, die wir der Opposition entgegenstrecken. (Abg. Scheibner: Gibt es im­mer!) Ich kann für meine Fraktion nur eines sagen: Wir werden sie dankbar anneh­men. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.37

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Puswald. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.37

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor wir auf die menschliche Tragik und allfällige juristische Problematiken eingehen, möchte ich auf eine ganz besondere Dimension dieser Kaprun-Tragödie hinweisen, nämlich auf eine Entgleisung an Ge­schmacklosigkeit, wie sie nur dem Kärntner Landeshauptmann zuzutrauen ist und wie er sie auch prompt verwirklicht hat. (Abg. Scheibner: Er kann es nicht lassen!)

Es ist eine Geschmacklosigkeit, eine solche Tragödie zum Anlass zu nehmen, billige Wahlkampfwerbung dadurch zu betreiben, dass er sich anmaßt, in die unabhängige Justiz einzugreifen und, ohne das Gerichtsverfahren im Detail zu kennen, ohne auch nur das Urteil in der Begründung, im Ansatz zu kennen, zu sagen, dieses Urteil sei unwürdig. Unwürdig ist es, wenn ein Landeshauptmann sich anmaßt, die unabhängige Justiz in einer derartigen Art und Weise zu disqualifizieren. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

 


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