Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 150

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Jedes Opfer soll die Möglichkeit haben, sich dem Verfahren als Privatbeteiligter anzu­schließen und hat in diesem Fall besondere Verfahrensrechte, wie zum Beispiel das Beweisantragsrecht.

Neu ist aber auch, dass Opfer und Personen, deren strafrechtlich geschützte Interes­sen durch die Straftat verletzt wurden, das Recht haben, die Fortführung eines Verfah­rens durch den Staatsanwalt zu verlangen. Kommt der Staatsanwalt diesem Verlangen nicht nach, ist zur Entscheidung darüber das Oberlandesgericht berufen, das dem Staats­anwalt die Fortführung dieses Verfahrens auftragen kann.

Der heutige Ausgangspunkt aller Überlegungen ist die Erkenntnis, dass das Opfer einer Straftat im Strafverfahren gegen den Täter eine Stellung erhalten soll, die seine eigene Rechtspersönlichkeit anerkennt. Diese Neuerungen in der Strafprozessordnung zugunsten der Opfer von Straftaten entsprechen der langjährigen Forderung nach einer durchgängig opferfreundlichen Ausübung des staatlichen Strafanspruchs.

Sehr verehrte Damen und Herren! Ich stimme dieser Reform sehr gerne zu. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.41

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger. – Bitte.

 


17.41

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Justizminister! Geschätzte Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag. Wa­rum? – Jahrzehntelang hat man sich bemüht, die Strafprozessordnung zu ändern, von 1974 beginnend, und heute wird eine moderne Strafprozessreform beschlossen, die seit April 2003 in sechs Unterausschuss-Runden unter Beiziehung von Experten be­raten wurde. Universitätsprofessoren, Standesvertreter, erfahrene Anwälte, Legisten und Experten sind Garant für dieses praxisorientierte Reformwerk.

Wenn Frau Kollegin Mag. Becher diese Reform unter anderem als herzlos bezeichnet hat, so müsste man dem eigentlich gegenüberstellen, dass ein Vierteljahrhundert die Möglichkeit bestanden hätte, eine Besserstellung für die Opfer und für die Beschul­digten zu erreichen. Von dieser Möglichkeit hat man aber nicht Gebrauch gemacht, ob­wohl in diesem Bereich durchaus Handlungsbedarf gegeben war. Diese Regierung ist angetreten, Probleme zu erkennen, zu diskutieren, Experten beizuziehen und dann auch entsprechende Verbesserungen umzusetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte im Speziellen auf die zukünftige Rolle des Gerichts im Ermittlungs­verfah­ren eingehen. Die Rolle des Gerichts ist grundsätzlich auf den Grundrechtsschutz be­schränkt – Beispiele hiefür sind Haftbefehle, Telefonüberwachung, Hausdurchsuchung und Beschwerden. Bei diesen Entscheidungen kann das Gericht, sofern erforderlich, weitere Ermittlungen durch die Kriminalpolizei anordnen. Das Gericht kann darüber hinaus von Staatsanwaltschaft oder Kriminalpolizei tatsächliche Aufklärungen über den Fall verlangen. Darüber hinaus soll aber auch das Gericht Beweise aufnehmen, und zwar dann, wenn diese in der Hauptverhandlung voraussichtlich nicht zur Verfügung stehen werden.

Abgesehen von der Genehmigung von Zwangsmaßnahmen hat das Gericht ferner in Fällen der kontradiktorischen Vernehmung tätig zu werden, und der Staatsanwalt hat ge­richtliche Ermittlungen oder Beweisaufnahmen zu beantragen, wenn an der Strafver­folgung wegen des Gewichts der aufzuklärenden Straftat und der Person des Tatver­dächtigen ein besonderes öffentliches Interesse besteht.

Ich habe begonnen mit: Heute ist ein guter Tag. Goethe meinte einst: Nichts ist schwe­rer zu ertragen als eine Reihe von guten Tagen. – Ich verstehe, dass die Opposition


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