Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 172

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festgehalten wird. Der Beratungsschlüssel, und zwar für Information, Beratung und so­ziale Betreuung – und, wie ich vermute, auch inklusive psychologischer Maßnahmen, wie sie zum Beispiel bei Traumatisierungsopfern notwendig sind –, ist mit 1 : 170 fest­gelegt. Ich meine, das kann doch nur eine oberflächliche Betreuung bleiben; das kann nicht ausreichen, wenn man das einigermaßen ernst nehmen möchte. Da geht es also um etwas ganz anderes als eine wirklich allen Anforderungen gerecht werdende Betreuung, eine wirklich gut geregelte Grundversorgung, die ich für notwendig hielte.

Noch eine Bemerkung zum Schluss: Es ist durchaus kein Zufall, dass wir in den letzten zehn Jahren in diesem Bereich ein Kippen des Klimas erlebt haben, weil auch die politische Debatte so geführt wurde. Im Ausschuss musste ich von mehreren Rednern und Rednerinnen Sätze hören wie den, dass sich die Qualität der Asylwerber geändert hätte. Auch heute haben von diesem Rednerpult aus wieder Vorverurteilungen stattge­funden. Noch bevor man irgendein Verfahren hat abschließen können, wissen manche in diesem Haus schon, dass jemand nach der Genfer Konvention gar keinen Asylan­spruch hat. Angesichts dessen kann ich Sie nur einladen, wirklich sehr dringlich dazu einladen, in sich zu gehen und zu überdenken, welches Klima die Politik hier schafft und welche Rechte sie missachtet. (Beifall bei den Grünen.)

17.56

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. Die Uhr ist auf 3 Minuten gestellt. – Bitte.

 


17.56

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte KollegInnen des Nationalrates! Auch wenn wir heute der Arti­kel-15a-Vereinbarung und der Änderung des Bundesbetreuungsgesetzes zustimmen, wissen wir, dass das nur ein erster Schritt sein kann. Ich denke, wir dürfen alle gemein­sam nicht übersehen, dass es noch immer viele ungelöste Probleme in diesem sehr sensiblen Bereich gibt und dass noch viele Verbesserungen vor allem im Sinne der Schutzbedürftigen zu veranlassen sind. Das ist uns auch bewusst.

Es gibt zum Beispiel bei den Qualitätskriterien für die Aufnahme von Schutzbedürftigen noch einiges zu tun, und es gilt für einen besseren Betreuungsschlüssel einzutreten, was auch von Ihnen angesprochen wurde. 1 : 170 ist viel zu hoch, unvorstellbar hoch. Es ist aber auch untragbar, gewinnbringende Unternehmen mit Rückkehraufgaben zu befassen.

Wir dürfen aber auch nicht übersehen, wie viele Ressentiments und Vorverurteilungen seitens der Regierungsparteien gegenüber AsylwerberInnen bestehen und meiner Ansicht nach auch geschürt werden. Das hat Kollegin Partik-Pablé in ihrer Rede heute wieder einmal bewiesen, das tat auch Kollege Mainoni im Ausschuss, wo er doch tat­sächlich davon gesprochen hat, dass die „Qualität der Asylwerber“ nachgelassen habe. Diese Aussage ist menschenverachtend, und sie zeigt deutlich den Zugang von Herrn Kollegem Mainoni diesen Menschen gegenüber. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Menschen sind keine Produkte, Herr Kollege Mainoni, ich finde diese Aussage unge­heuerlich und Besorgnis erregend! Ich frage mich in diesem Zusammenhang: Sind Sie sich Ihrer Verantwortung und Vorbildwirkung als politischer Entscheidungsträger wirk­lich so wenig bewusst, dass Sie nicht bemerken, dass fremdenfeindliche Aussagen von politischen Entscheidungsträgern auch meinungsbildend sind, oder setzen Sie derar­tige Aussagen bewusst ein?

Es gibt auch ÖVP-Bürgermeister, die öffentlich Stimmung gegen AsylwerberInnen ma­chen. In diesem Zusammenhang frage ich Sie, Herr Minister: Wie wollen Sie es schaf­fen, mit einer derartigen Stimmung, die zum Teil geschürt und erzeugt wird, die Bürger-


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