Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 234

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der Basis der Erkenntnis, dass der Klimawandel durchaus auch von Menschen ge­machte Ursachen hat und dass wir dem gegensteuern müssen, denn sonst verlieren wir wesentliche Teile unserer Lebens- und auch unserer Wirtschaftsgrundlage.

Mittlerweile gab es jahrelange Verhandlungen, viele von uns waren dabei, auch der jetzige Wirtschaftsminister Bartenstein. Er hat als seinerzeitiger Umweltminister maß­geblich mitverhandelt, dass wir bei dem Punkt stehen, wo wir jetzt sind, nämlich dass es ein verbindliches Abkommen gibt, wo noch eine einzige Unterschrift fehlt, nämlich die von Russland. Aber in Europa ist dieses Abkommen bereits verbindlich, mit wel­chem wir uns verpflichtet haben, die Emissionen zu reduzieren, um damit zu erreichen, dass unsere Lebens- und Wirtschaftsgrundlagen nicht gefährdet sind.

Es gab unzählige Zugeständnisse, um das auch der Wirtschaft zu erleichtern. Die Mög­lichkeit, mit Emissionszertifikaten zu handeln, ist ein Zugeständnis an die Wirtschaft und entspricht genau dem Gedanken, dass man mit einem knappen Gut soll handeln können und dass dann diese Knappheit zu der effizientesten und billigsten Reduktion führt. Das ganze System ist eigentlich ein Zugeständnis an die Bedürfnisse der Wirt­schaft.

Jetzt haben wir noch ein System, in dem genau das Gegenteil der Fall ist; es gibt keine Knappheit, sondern – im Gegenteil – es gibt Überfluss. Da möchte ich den deutschen Umweltminister zitieren, der heute im „Standard“ meinte, ein kleines Land, das sich als Transitland bezeichnet, glaubt offensichtlich, dass durch diesen Allokationsplan, der heute ausgeteilt und veröffentlicht worden ist, die gesamte Reduktion, die im Klima­schutz notwendig ist, im Bereich Verkehr stattfindet und de facto der gesamte Verkehr zum Erliegen kommt. – Das sind die Rückschlüsse des deutschen Umweltministeriums auf Basis unserer Daten, auf Basis dessen, was jetzt der Umweltminister vorgelegt hat. (Abg. Rädler: Der hat keinen Grund ...!)

Was ich nicht verstehe, ist, dass Sie dieses Prinzip der Knappheit, damit sich wirklich etwas Positives entwickeln kann, so sehr ablehnen und dass Sie es gut finden, dass wir jetzt nicht reduzieren, sondern der Industrie sogar Zuwächse zugestehen, nämlich plus 12 Prozent vom jetzigen Status. Ich frage Sie ernsthaft: Wie können Sie nur irgendwie daran denken, das Kyoto-Ziel zu erreichen, wenn wir im Verkehr Zuwachs­raten von 1990 bis 2002 von plus 60 Prozent gehabt haben (Abg. Wittauer: Nein, 45!) und wenn jetzt Sie der Industrie noch plus 12 Prozent genehmigen? – Ich habe nicht die blasseste Vorstellung davon, wie Sie das Ziel noch irgendwie erreichen wollen.

Das ist sehr schade, weil die Verbindung mit Wirtschaft und Marktmethoden bei die­sem Gesetz möglich gewesen wäre. Das ist aus meiner Sicht letztendlich der Todes­stoß für die Klimaschutzpolitik. Ich formuliere das auch so drastisch, weil ich keine einzige Möglichkeit mehr sehe, die Klimaschutzvereinbarung bis 2007 auch nur ansatz­weise zu erreichen. Das ist sehr, sehr bedauerlich!

Ich frage mich auch, warum es nicht gelungen ist, im Zuge der Steuerreform – mit diesen großen Zugeständnissen, einer Körperschaftsteuersenkung von 1 Milliarde € im Jahr; nur eine Größenordnung zum Vergleich: alles, was der Emissionszertifikate­handel kosten wird, sind insgesamt 50 Millionen €, akkumuliert bis zum Jahr 2010 – mit der Industrie eine Vereinbarung zu treffen, dass man Klimaschutz einfach außer Streit stellt, dass man Klimaschutz einfach anstrebt und durchzieht und nicht bei jeder belie­bigen Gelegenheit über Bord wirft. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist ein Versäumnis, das sich nicht nur umweltpolitisch, sondern auch wirtschafts­politisch dramatisch niederschlagen wird. Ich habe von dieser Stelle aus schon sehr oft gesagt, dass Klimaschutz Arbeitsplätze bringt und geradezu eine Frischzellenkur für die Wirtschaft ist. Das Wifo hat vorgerechnet, dass es bis zu 1,5 Prozent des BIP an zusätzlichem Wachstumseffekt bringen würde, das Kyoto-Ziel ernsthaft zu verfolgen.

 


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