Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 56

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Bezug auf das europäische Integrationsprojekt in den letzten Jahren nicht kleiner, sondern größer geworden ist. Vor allem dann, wenn wir mit dieser Stimmung in der Bevölkerung konfrontiert sind, ist die Herausforderung an die Politik außerordentlich groß.

In diesem Zusammenhang ist es kein Werben für die europäische Idee, wenn es auf europäischer Ebene noch immer keinen Konsens für die europäische Verfassung gibt. Gerade vor dem Hintergrund dieser Skepsis wird der europäischen Idee kein guter Dienst getan, wenn, wie gestern, das Präsidium des Europäischen Parlaments nicht imstande ist, für transparente Spesen- und Gehaltsregelungen zu sorgen. Hier sind wir gefordert, meine Damen und Herren, und zwar alle gemeinsam! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Wenn Sie sagen, auf die konkreten Besorgnisse müssen konkrete Antworten gegeben werden, so stimme ich Ihnen zu. Aber all das, was Sie uns heute gesagt haben, haben Sie auch schon in den letzten Monaten und Jahren gesagt – die Zustimmung der Bevölkerung ist dadurch aber nicht gewachsen! Müssen Sie sich in diesem Zusammenhang nicht die Frage stellen, ob die Maßnahmen, die Sie uns heute aufgezählt haben, nicht viel zu wenig waren, um der österreichischen Bevölkerung auch die Zuversicht zu geben, dass dieser Erweiterungsprozess gut und für alle Men­schen erlebbar gestaltet wird?

Müssen Sie sich nicht die Frage stellen, ob all das, was bisher geschehen ist, nicht viel zu wenig war, um das Wachstum anzukurbeln, wenn Sie – gestern geschehen – berichten müssen, dass die Arbeitslosenrate einen historischen Höchststand erreicht hat?

Müssen Sie sich nicht die Frage stellen, ob die angekündigten Investitionen in die Infrastruktur nicht viel zu wenig waren? Es besteht zumindest nicht die Gefahr, dass wir von einer Verkehrslawine überrollt werden, nein, denn es findet kein Rollen mehr statt. Was stattfindet, ist der permanente Stau im Ost-West-Verkehr!

Müssen Sie sich nicht auch die Frage stellen, ob nicht viel zu wenig getan wurde, um die österreichischen Betriebe auf die Erweiterung vorzubereiten, vor allem, wenn es um die Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht? (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich denke, dass Schönreden die Menschen nicht über­zeugen wird. Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, müssen für die Menschen auch spürbar und erlebbar sein. Und wenn kein Fortschritt in der Verkehrspolitik spürbar ist, wenn es keine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt gibt, wenn es kein hö­heres Wachstum gibt, dann, Herr Bundeskanzler, müssen Sie Ihre Politik ändern, denn die bisherigen Maßnahmen waren offensichtlich nicht genug! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

Wenn man schon bei Vergleichen bleibt, so muss ich sagen: Zahlen haben eine trügerische Wirkung, Herr Bundeskanzler. Den Österreicherinnen und Österreichern erzählen zu wollen, dass wir die Schweiz überholt haben – bei aller Wertschätzung –: Dort ist das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und Jahr noch immer um rund 1 000 € höher als in Österreich, die Arbeitslosenrate liegt auch unter der österreichischen. Versuchen Sie also nicht, der Bevölkerung Sand in die Augen zu streuen! Bleiben wir bei den Herausforderungen, die wir hier zu bewältigen haben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Daher ist das Gefühl der Bevölkerung richtig, dass in den letzten Jahren viel versäumt wurde, was zur Vorbereitung der Erweiterung der EU notwendig gewesen wäre. Es nützt nichts, diese letzten Jahre schönzureden, sondern es geht darum, zumindest jetzt die Chance zu ergreifen, all das zu tun, was nicht gemacht wurde. Aus diesem


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