Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 59. Sitzung / Seite 111

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Ich bin überzeugt davon, das würden Sie politisch nicht überleben. Aber wenn es um behinderte Menschen geht, ist anscheinend wirklich alles drinnen, da kann man tun und lassen, was man will. Das sieht man ja jetzt bei dieser Steuerreform.

Herr Minister! Wenn Sie sagen – und so oft können Sie das gar nicht sagen, dass es wahrer wird, weil es ist einfach nicht wahr ist –, dass auch behinderte Menschen von dieser Steuerreform profitieren, so sage ich: Einen Schmarren profitieren sie!

Wissen Sie, dass in Österreich 80 Prozent der Pflegegeldbezieher ein Einkommen unter 1000 € haben? 80 Prozent! Das sind über 250 000 Menschen, und denen kön­nen Sie nicht sagen: Na gut, wenn dein Aufwand höher ist, dann machst du das eben im Rahmen der Steuererklärung! – Man kann es schicken, aber man bekommt nichts, weil man ja keine Steuer zahlt. (Bundesminister Mag. Grasser: Frau Kollegin Haidl­mayr! Die Behindertenmilliarde ...!)

Herr Minister! Solch eine Frotzelei muss man sich, ehrlich gesagt, wirklich von nieman­dem gefallen lassen – auch nicht von Ihnen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ. – Bundesminister Mag. Grasser: Frau Kollegin Haidlmayr! Die Behin­dertenmilliarde zum Beispiel, die wir eingeführt haben!)

Herr Minister, ich habe mich schon mit Steuerrecht beschäftigt, da sind Sie noch in die Volksschule gegangen. Es ist halt einmal so. (Beifall bei den Grünen.) Und was das Steuerrecht der Bürgerinnen und Bürger mit geringerem Einkommen betrifft, kenne ich mich wahrscheinlich hundert Mal besser aus als Sie, denn Sie decken ja nur die obere Ebene ab; wer viel hat, der soll noch mehr bekommen. Das machen Sie gut, da kann man wirklich nichts sagen.

Aber von den Menschen mit geringem oder geringstem Einkommen haben Sie über­haupt keine Ahnung, denn wenn Sie nur einen Hauch von Ahnung hätten, hätten Sie mir nicht solch eine Anfragebeantwortung zukommen lassen können. Das war wirklich der Gipfel dessen, was ich in letzter Zeit an Anfragebeantwortungen bekommen habe! Ich habe schon wieder eine Anfrage an Sie gerichtet und bin neugierig, was Sie in deren Beantwortung schreiben werden. Wahrscheinlich lassen Sie die Stehsätze von der letzten hineinkopieren, und das bekommt dann wieder die Haidlmayr, denn bei den Behinderten ist es sowieso egal – so nach diesem Motto.

Herr Minister, so geht es ganz einfach nicht! Sie wissen genau, dass es seit 16 Jahren keine Änderung bei Freibeträgen von behinderten Menschen gegeben hat. Ganz im Gegenteil: 1996 haben SPÖ und ÖVP gemeinsam den Behindertenfreibetrag abge­schafft; für PflegegeldbezieherInnen wurde er abgeschafft. Es hat geheißen: Jetzt be­kommt ihr ohnehin das Pflegegeld, was wollt ihr denn noch alles haben?! Also wurde er abgeschafft. Dies war die letzte Änderung, und die war negativ. – Seit 16 Jahren hat sich in dieser Richtung nichts mehr positiv verändert.

Herr Minister! Bei dieser Gruppe von Menschen, von denen ich jetzt gesprochen habe, nämlich von Menschen mit Behinderungen, betrifft die Steuerreform, wo die Leute wieder nichts bekommen, zu zwei Drittel Frauen. Das heißt, die Frauen sind durch­gehend auf jeder Ebene benachteiligt. Und Sie, Herr Minister, setzen sich wirklich hier her und sagen: So ist es halt, wir sind wir, und wir lassen das so; wenn ihr etwas anderes wollt, dann fragt um Weihnachten nach, aber dann kriegt ihr es auch nicht, denn dann gibt es ohnehin die Aktion „Licht ins Dunkel“! – Das ist keine Politik, Herr Minister! Das ist verwerflich, und das haben sich Menschen mit Behinderung nicht verdient! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Jetzt möchte ich noch auf die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Auer zu sprechen kommen. Während seiner Rede habe ich mir gedacht, er sei aus der Opposition, denn so viel Wahrheit, wie er hier gebracht hat, kommt eigentlich selten


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