Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 178

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wicklungsziele, die von der UNO mit der Unterstützung Österreichs bei der UNO-Generalversammlung im Jahr 2000 beschlossen worden sind, zur Verfügung stellen.

Es ist mir unverständlich, dass eine Initiative, die nichts kostet – dafür müssten wir nicht einmal sparen, im Gegenteil, sie würde sogar zusätzlich Geld bringen, es fehlt nur der politische Wille –, nicht einmal aufgegriffen wird. Man sagt nicht einmal: Jetzt reden wir einmal darüber! Das ist mir wirklich unverständlich, Herr Dr. Stummvoll und meine Damen und Herren von der ÖVP und von der FPÖ! Das kostet doch nichts! (Beifall bei den Grünen.)

Etwas, das nichts kostet, wäre schon etwas. Aber wir werden sehen, was Sie sagen. Vielleicht sind Sie bereit, es in Zukunft zu tun und zumindest im nächsten Finanz­ausschuss eine diesbezügliche Debatte zuzulassen.

Die Tobin-Steuer ist sozusagen der geläufige Name für den doch etwas schwierigeren Begriff der Devisentransaktionssteuer. Der Name geht auf den Wirtschaftsnobel­preis­träger James Tobin zurück, der schon 1972 eine 1-prozentige Steuer auf Wäh­rungs­tausche, also Devisentransaktionen, vorgeschlagen hat, um etwas Sand ins Getriebe dieser Spekulationen zu bringen, um Devisengeschäfte, die vor allem von Banken, von Großbanken, von einzelnen Spekulanten gemacht werden, zu reduzieren und dadurch vor allem schwächere Volkswirtschaften zu stabilisieren.

Das Stabilitätsrisiko ist Ihnen sicher nichts Neues. Das haben wir gerade in den neun­ziger Jahren bei der großen Finanzkrise in Südostasien gemerkt, die unter anderem durch Spekulationsüberhitzung entstanden ist, und diese hat laut ILO – das sagt also nicht irgendwer, sondern die Internationale Arbeitsorganisation – in diesen Jahren an die 10 Millionen Jobs gekostet. Wenn Sie angesichts dessen sagen, dass das nichts Wichtiges wäre, wo vielleicht auch Österreich initiativ werden könnte, noch dazu, wo es dem Budget nichts kostet, sondern sogar noch etwas bringt, dann müssen Sie mir das erklären. Warum haben Sie das nicht vor? (Beifall bei den Grünen.)

Lassen Sie mich aber auch noch in die jüngere Vergangenheit zurückgehen und erklären, warum das gerade Ende der neunziger Jahre nach dieser Krise in Süd­ostasien, aber auch in Lateinamerika und jetzt wieder aktueller geworden ist.

Wenn man sich die Devisentransaktionen ansieht, dann muss man sagen, dass diese seit Anfang der siebziger Jahre geradezu explodiert sind, nämlich von 70 Milliarden Dollar auf 1 100 Milliarden Dollar pro Tag im Jahr 2001. Der Welthandel hingegen hat sich in diesen Jahren nur verzweieinhalbfacht, auf 25 Milliarden Dollar pro Tag. Die Direktinvestitionen schlagen sogar mit weniger als 3 Milliarden Dollar pro Tag zu Buche. Das heißt also: Das, was real in die Wirtschaft geht, ist ein Bruchteil dessen, was im Bereich der Spekulationen von wenigen an Geld vermehrt wird, was aber keine realen Auswirkungen auf die Wirtschaft und auf die Arbeitsplätze hat.

Das ist der Grund, warum in den letzten Jahren von verschiedensten Organisationen, aber auch von Ökonomen und von Regierungen, und zwar von nicht wenigen Regie­rungen, Initiativen gesetzt wurden. In Frankreich, in Belgien gibt es dazu sogar schon Gesetze. Die haben, sozusagen sich vorbereitend darauf, dass es eine europäische Initiative gibt, gesagt: Gut, dann bereiten wir einmal die nationalen Gesetze dafür vor, passen wir die Gesetze im Bereich des Bankwesens und im Bereich der Steuern an, um bereit zu sein, wenn es solch eine Initiative auf EU-Ebene gibt. – Das wäre doch auch etwas für Österreich. Vielleicht könnte man sich das für die österreichische EU-Präsidentschaft im Jahr 2006 vornehmen.

Neben der wirtschaftlichen Stabilisierung ist der zweite Punkt, dass damit sehr viel Geld hereinkommen würde. Dieses Geld sollte unserer Meinung nach nicht nur für das nationale Budget verwendet werden, sondern vor allem dazu, um das spärliche – um


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