Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 208

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sind, wo die Regierungsparteien gesagt haben, das sei die Umsetzung dieser Richtlinien.

Meine Damen und Herren! Es herrschte lange Zeit in Österreich ein Grundkonsens darüber, dass Österreich betreffend die Gleichstellung der Geschlechter wirklich Vor­zeigeland ist. Ich erinnere daran: Wir haben in Österreich ein Gleichbehandlungs­gesetz, das im Jahre 1979 geschaffen wurde. Wir haben in Österreich ein Gleich­behandlungsgesetz für den öffentlichen Dienst aus dem Jahre 1993. Das sind also alles Maßnahmen, die bereits lange vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union gesetzt wurden und bevor es die dementsprechenden Richtlinien gab.

Meine Damen und Herren! Es ist bedauerlicherweise von diesem Grundkonsens, dass wir Vorzeigeland sind, durch diese Gesetzesmaterie, die heute hier zur Diskussion steht, abgewichen worden.

Was ist unsere Kritik, beziehungsweise was sind unsere Forderungen? – Die Euro­päische Union hat sich sehr viel überlegt, als sie nicht eine Richtlinie zur Beseitigung all dieser Diskriminierungen geschaffen hat, sondern drei Richtlinien. Unsere For­derung war: Schaffen wir doch auch drei Gesetze, damit haben wir klare Zustän­digkeiten und klare Abgrenzungen, und die Personen, die sich davon betroffen fühlen sollen, kennen sich auch dementsprechend aus!

Das war auch unser Verhandlungsstand. So sind wir auch in die Verhandlungen mit der ÖVP gegangen. Die ÖVP beziehungsweise die Regierungsparteien haben aber gemeint, das wollen sie nicht, sie wollen alles in einem Gesetz abhandeln. Darauf haben wir uns letztendlich auch eingelassen, wenngleich ich sagen muss: Es ist nicht ein Gesetz geworden, die Behinderten werden ein gesondertes Gesetz erhalten, und auch bei den Landes- und Gemeindebediensteten müssen das nach wie vor die zuständigen Gremien regeln.

Durch diesen Mischmasch ist nun das Problem entstanden, dass plötzlich auch in diesen Gesetzen eine Hierarchisierung entstanden ist. Das heißt, in ein und demselben Gesetz werden die Menschen unterschiedlich geschützt.

Ich sage Ihnen ein Beispiel: Würde Harry Belafonte heute nach Österreich kommen und in ein Lokal gehen, dann müsste er nicht mehr vor der Tür draußen stehen bleiben, und der Lokalbesitzer könnte nicht nein sagen, wenn er dieses Lokal betreten will, während es Ariel Muzicant oder zum Beispiel einem katholischen Priester sehr wohl verboten werden könnte – und das ohne Konsequenz. Das ist eine klare Hierarchisierung, und dagegen sprechen wir uns aus! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Richtlinien sehen weisungsfreie Ombudsstellen vor, und diese weisungsfreien Ombudsstellen wollen Sie jetzt einfachgesetzlich beschließen. Wir glauben, dass das ein glatter Verfassungsbruch ist. Es ist sehr schade, dass man in den Verhandlungen nicht so weit ging, Konsens mit den Oppositionsparteien herzustellen.

Nach mehreren Verhandlungsrunden mit der ÖVP haben wir gemeint: Können wir uns nicht wirklich darauf verständigen, zumindest die Richtlinien umzusetzen? Setzen wir die Richtlinien um, damit die österreichische Bevölkerung davon ausgehen kann, die EU-Normen gelten auch für Österreich! – Das ist bis zum Schluss nicht gelungen. Das heißt, die Verhandlungen haben sich genau darum gedreht: Es war ein Ringen um Richtlinien-Umsetzung, um mehr ist es nicht gegangen.

Nachdem wir vor den Zielen stehen geblieben sind und die Richtlinien unserer Mei­nung nach nicht umgesetzt werden, werden wir diesen Gesetzen auch nicht die Zustimmung geben.

 


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