Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 62. Sitzung / Seite 25

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Präsident Dr. Andreas Khol: Damit ist der 5. Fragenkomplex erledigt.

Nun gelangen wir zum 6. Fragenkomplex, den Herr Abgeordneter Miedl mit seiner Fra­ge einleitet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

62/M

„Welche Fortschritte konnten im Bereich der Zusammenarbeit im strafrechtlichen Be­reich zwischen den Mitgliedstaaten der EU erzielt werden?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Wir haben eigentlich traditionell – das ist eine Besonderheit Österreichs – einen guten, funktionierenden Rechtshilfever­kehr. Fortschritte können wir erreichen zum Beispiel in der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Kriminalität, wie wir es mit Rumänien machen, wo wir, weil es dort kostengünstiger ist, auch Haftraum errichten werden.

Interessanterweise ist auch der Ansatz im Strafvollzug der richtige, weil dort eher eine Harmonisierung der strafrechtlichen Tatbestände zu erwarten ist.

Aber im Prinzip ergreifen wir jede Gelegenheit, gerade auch im Kriminalitätsbekämp­fungsbereich in Zusammenarbeit mit unseren Nachbarstaaten – jetzt kommen momen­tan eher die östlichen Nachbarstaaten in Frage – Fortschritte zu erzielen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Bundesminister! Der so genannte Europäi­sche Staatsanwalt steht immer wieder zur Diskussion. Jetzt sieht, Gott sei Dank, der Verfassungsentwurf der Europäischen Union Einstimmigkeit bei der Einführung eines Europäischen Staatsanwaltes vor. Es ist bekannt, dass Österreich dem eine sehr kriti­sche Haltung entgegenbringt. Wie ist Ihre Haltung dazu?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Das ist in dieser Frage besonders kritisch, weil auch die Begründung für diese so genannte Europäische Staatsanwalt­schaft seitens der EU-Kommission fehlt.

Es geht dabei um Folgendes: Österreich ist ein besonders gut funktionierender Rechts­staat. Rechtsstaatlichkeit besteht ja aus zwei Beinen: Das eine sind die rechtsstaat­lichen Gesetze, und das andere ist deren Umsetzung durch den Staat selbst und nicht durch andere Kräfte. Österreich hat noch immer die Delikte, die in Österreich be­gangen wurden, gleichgültig ob sie nationalen oder internationalen Charakter hatten, erfolgreich und wirksam bekämpft.

Eine Europäische Staatsanwaltschaft hat nun einmal die Tendenz, ohne klar die Be­hördenstruktur aufzuzeigen, dass ein Staatsanwalt aus der EU den österreichischen Staatsanwälten Vorschriften dahin gehend wird geben wollen, welche Delikte anzukla­gen sind und welche nicht. Aber diese Vorschläge sind für uns nicht kontrollierbar.

 


Für mich stellt die Europäische Staatsanwaltschaft einen Souveränitätsverlust dar, den wir nicht notwendig haben. Unser konstruktiver Gegenvorschlag besteht darin, dass sich europäische Instanzen an österreichischen Strafverfahren als Privatbeteiligte mit Akteneinsicht beteiligen können. Dann können sie sich vergewissern, wie gut bei uns das System läuft, und können Zusatzanträge, Beweisanträge stellen. Aber eine Supra-Superstaatsanwaltschaft über unserer wollen wir eigentlich nicht. Ich bestreite aber nicht, dass die Tendenz dahin geht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

 


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