Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 62. Sitzung / Seite 142

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ihn selten so emotional erlebt, wie das heute der Fall war. (Abg. Öllinger: Ich glaube, es gefällt Ihnen auch noch ...!) Und ich habe mir überlegt, was der Grund dafür war, was da dahinter steckt, habe aber dann miterlebt, wie Kollege Gusenbauer genau das Gegenteil behauptet hat. Ich glaube, dass es in dieser Situation richtig ist, nicht auch emotional zu reagieren, sondern einfach zu schauen: Was geben die Fakten her?

Mir liegt ein Brief des sozialdemokratischen Europa-Parlamentariers Hannes Swoboda vor; verfasst in Straßburg, und zwar am 16. März 2000. Die Regierungsbildung fand damals am 4. Februar 2000 statt, sodass dieser Brief Swobodas ziemlich genau fünf­einhalb Wochen danach abgefasst wurde.

Dieser Brief Swobodas beginnt folgendermaßen: „Liebe Kollegin, lieber Kollege!“ – Das heißt, es war das kein persönlicher Brief, der an eine bestimmte Person gerichtet war, sondern ein allgemeiner und daher auch ein für die Öffentlichkeit interessanter.

Swoboda schreibt in diesem Brief: „Namens der österreichischen sozialdemokratischen Delegation“ – das heißt, Swoboda spricht nicht nur in seinem eigenen Namen, sondern auch in dem der gesamten sozialdemokratischen Delegation – „möchte ich mich herz­lich für die vielen Zeichen der Freundschaft und der Solidarität in den vergangenen – für uns wahrlich nicht leichten – Wochen bedanken.“ (Abg. Dr. Grünewald: Ein Zei­chen der Freundschaft!)

Das ist vom Kollegen Scheibner offensichtlich so aufgefasst worden, dass diese vielen negativen Reaktionen, die auf Österreich entfallen sind (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt doch alles nicht!), von Seiten des Kollegen Hannes Swoboda mit Dank beantwortet wurden. – Für mich, das sage ich jetzt, stellt sich das da noch nicht eindeutig so dar (Abg. Sburny: Das ist ein Problem von Sender und Empfänger, ein klassisches Pro­blem!), sondern wenn man versucht, das ganz objektiv zu sehen, dann muss man sa­gen: Lesen wir doch weiter, was noch in diesem Brief steht! (Zwischenruf bei der SPÖ.)

„Diese Zeichen“ schreibt Swoboda, „sind für uns genauso wichtig wie die Tatsache, daß die übrigen EU-Regierungen angesichts der Beteiligung der FPÖ an der österrei­chischen Regierung reagieren mußte.“

Das schrieb Swoboda zu einem Zeitpunkt, zu dem ganz Österreich angetreten ist, ge­gen diese Unrechtsmaßnahme anzukämpfen! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und da ist der Punkt, wo ich sagen muss: Kollege Scheibner hat vollkommen Recht, wenn er sich darüber alteriert! (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Noch etwas. Ich möchte Hannes Swoboda jetzt gar nicht unterstellen, ob dieser Brief aus Opportunitätsgründen erfolgt ist oder ob Hannes Swoboda persönlich davon über­zeugt war. Beide Varianten sind möglich! Eines ist meiner Ansicht nach jedoch offen­sichtlich und klar: Das, was da dahinter steht, ist das Versagen einer außenpolitischen Linie seitens der sozialdemokratischen Führung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.) Und das betrifft nicht nur die dort agierenden Personen, son­dern genauso die Inhalte sowie die ganze Vorgangsweise überhaupt! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich möchte das ganz kurz erklären und einige Überlegungen dazu bringen: Warum hat Hannes Swoboda das damals gesagt? Er war ja gar nicht der Spitzenkandidat der So­zialdemokraten! Er war zwar bereits im Vorsitz der Fraktion, das muss man dazusa­gen, aber damals gab es noch eine Diskussion, wer der Sprecher nach außen, sein soll: Martin oder er. (Zwischenruf des Abg. Faul.) Ich kann mich noch gut an die Äuße­rungen auch von Bundeskanzler Klima zu diesem Thema erinnern.

Das heißt: Was dahinter gestanden ist, war eigentlich die Unklarheit in der Personal­entscheidung. Und offensichtlich erleben wir heute wieder etwas ganz Ähnliches, denn


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