Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 62. Sitzung / Seite 154

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wollen doch immer eine starke europäische Außenpolitik, und in diesem Sinne mache sie das ohnehin schon.

Herr Abgeordneter Scheibner, Sie lächeln. Sie wissen ganz genau, dass das so nicht läuft und dass es auch auf der bilateralen Ebene einen starken Einsatz braucht, damit diese europäische Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik Konturen annimmt. (Abg. Scheibner: Aber Sie haben den Antrag abgelehnt, der genau das verurteilt hat!) Nur die Schlussfolgerungen eines Außenministerrates sind zu wenig. Die sind wichtig und notwendig, aber auch auf der bilateralen Ebene muss man tätig sein – doch das tut die Außenministerin leider nicht!

Die Außenministerin hat das im Auswärtigen Rat letzte Woche auch zu einem anderen menschlichen und humanitären Drama nicht getan, und zwar in Bezug auf die Darfur-Region im Westsudan. Hunderttausende Menschen sind dort vom Hungertod bedroht. Die EU hat ein Statement mit Schlussfolgerungen abgegeben. Aber die Außenministe­rin war nicht bereit, zu sagen, dass sie das auch persönlich dem sudanesischen Bot­schafter hier in Wien unterbreiten wird. Sie war nicht bereit, dieses auf europäischer Ebene Eingebrachte auch auf bilateraler Ebene zu vermitteln. Gestern hat der deut­sche Bundesrat, mit Unterstützung der CDU, eine solche Resolution beschlossen. – Aber nein, die ÖVP-Außenministerin findet, dass sie sich da heraushalten soll: Sie geht einen Weg der Mitte, sie will es sich ja mit niemandem verscherzen.

Meine Damen und Herren! Eine europäische Gemeinsame Außen- und Sicherheitspoli­tik ist nur dann stark, wenn auch die einzelnen EU-Staaten starke Positionen vertreten, statt sich zurückzuziehen und zu sagen: Ich sage da lieber nichts, weil ich es mir ja verscherzen könnte! – Eine starke Außenpolitik brauchen wir, aber keine, die sich auf eine angebliche Mitte zurückzieht, das ist zu wenig! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Was wäre denn sinnvoll und notwendig, was den Folter-Skandal im Irak betrifft? Was wäre da zu tun? Wo gäbe es denn Dinge, für die sich auch Österreich, wofür sich die Außenministerin engagieren sollte? (Abg. Öllinger: Italien!) – Ich werde Ihnen ein paar Punkte nennen (Abg. Öllinger: Berlusconi!), die einige grüne Europa-Abgeordnete vorgebracht haben. Ich erinnere daran, dass die Grünen die einzige Partei sind, die auch eine gemeinsame europäische Kampagne führt, wobei Kandidaten aus mehreren Ländern gemeinsam auftreten.

Wissen Sie, wofür sich die österreichische Außenministerin zum Beispiel einsetzen sollte? – Für so etwas wie einen freien Zugang der UNO und der internationalen Men­schenrechtsorganisationen zu den Gefängnissen im Irak, in Afghanistan, aber auch in Guantánamo. Dazu habe ich von der Frau Außenministerin leider auch noch nichts gehört. Das findet nicht statt; sie fühlt sich da einfach nicht zuständig.

Oder dafür, dass die Vorfälle im Irak in einem Kriegstribunal des Internationalen Ge­richtshofes behandelt werden sollten, dass ein Ankläger dieses Internationalen Ge­richtshofes aktiv einen solchen Prozess anstrengen sollte und dass die USA ihre Hal­tung zum Internationalen Strafgerichtshof überdenken sollten. – Letzteres hat die Mi­nisterin schon gesagt, das wünscht sie sich auch und dafür tritt sie ein. (Abg. Öllinger: Da war sie aber keck!) Aber für die anderen Punkte gilt das nicht. Hat sie innerhalb der Europäischen Union gegenüber dem britischen Botschafter, gegenüber Großbritannien zum Beispiel gesagt – Großbritannien hat ja das Statut des Internationalen Gerichtsho­fes ratifiziert –, dass Großbritannien dort die Handlungen seiner Soldaten beurteilen lassen soll? – Nein, nichts davon gehört!

Das wären Punkte, die ich mir unter einer starken österreichischen Außenpolitik im europäischen Rahmen vorstellen würde. Aber sie findet nicht statt, sie findet einfach nicht statt.

 


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