Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 62. Sitzung / Seite 169

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par Einem, die er hier vorgetragen hat, gut nachvollziehen, aber dennoch halten wir diesen Entschließungsantrag für doch erheblich besser als die Anträge im Auswärtigen Rat. Daher werden wir dem, wie bereits gesagt, zustimmen.

Zunächst, meine Damen und Herren, eine Bemerkung zum Stabilitätspakt. Frage 10 der heutigen Dringlichen Anfrage bezog sich auf den so genannten Stabilitätspakt, und in diesem Punkt bin ich sogar ganz dankbar, dass jetzt der Herr Wirtschaftsminister statt der Frau Außenministerin hier auf der Regierungsbank sitzt.

Bei Ihrer Antwort, Herr Bundesminister Bartenstein, hat mich eine leichte Depression befallen – und fast noch mehr deprimiert hat mich der spontane Applaus der ÖVP- und FPÖ-Fraktionen, noch bevor der Minister geantwortet hat.

Meine Damen und Herren! Setzen wir uns einmal in einem Ausschuss oder außerhalb eines Ausschusses in Ruhe zusammen! Ja, wir brauchen Stabilität in der Europäischen Union, wir brauchen gesamtwirtschaftliche Stabilität in der Union! Ja, wir brauchen auch wachstumsfördernde Maßnahmen! Das Wirtschaftswachstum in der Europäi­schen Union ist nicht hinreichend, um bei steigendem Arbeitsangebot die Arbeitslosig­keit zu dämpfen! Das Problem ist nur, der so genannte Stabilitäts- und Wachstumspakt heißt so, fördert aber weder Stabilität, geschweige denn Wachstum. Im Gegenteil: Die­ser Pakt behindert Wachstum! Auch das muss man einmal klar auf den Tisch legen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn Sie mir schon nicht glauben, dann geben Sie doch einmal jemandem den Auf­trag und lassen Sie sich unter dem Stichwort „stability pact“ Artikel des „Economist“ dazu ausheben! Der „Economist“ ist ja bekanntlich weder sozialdemokratisch, ge­schweige denn grün, sondern eine liberale, eine sehr gute, vorzügliche britische Wirt­schaftszeitung. Und der Tenor der Artikel im „Economist“ dazu – und das schon über Jahre! – ist, auf gut Englisch: „Scrap the stability pact!“ – Mit anderen Worten: In den Papierkorb damit!

So weit muss man ja nicht unbedingt gehen, aber eine Reform dieses Paktes ist drin­gend angesagt, eben im Interesse der Stabilität und des Wachstums in der Europäi­schen Union. Was absolut kontraproduktiv ist, ja in der Diktion von Jörg Haider an wirt­schaftlichen Landesverrat grenzen würde – eine Diktion, die ich bekanntlich nicht ver­wende –, ist die Position von Finanzminister Grasser, der schon über Jahr und Tag nichts anderes zu tun hat, als die buchstabengetreue Erfüllung eines Paktes einzufor­dern, eines Paktes, der weder Stabilität noch Wachstum fördert, sondern – ganz im Gegenteil! – die Erfüllung dieser wichtigen Ziele auf europäischer Ebene behindert! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Grassers letzter Ausflug in dieses Gefilde ist nun, wie Voggenhuber mit Recht sagt, wirklich ein „Amoklauf europapolitischer Dummheit“. Er hat nämlich gemeint – da muss man Grasser ja direkt zu dem Mut gratulieren; immerhin hat er in Interviews mit der „Frankfurter Allgemeinen“ und der „Süddeutschen Zeitung“ diese seine Meinung kund­getan –, dass Deutschland das Stimmrecht im ECOFIN – wer weiß, wo noch? – aber­kannt werden sollte, weil Deutschland die Regeln des Stabilitätspaktes verletzt. – Na das ist „super“! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Er gilt noch!)

Abgesehen davon, dass der Stabilitätspakt von seinem wirtschaftlichen Gehalt her ge­radezu abenteuerlich ist: So macht man sich wirklich „Freunde“ im Ausland! Man muss sich das vergegenwärtigen: Der Stabilitätspakt sieht vor, dass bei fortschreitender Ver­letzung der 3-Prozent-Regel – und die Deutschen sind drauf und dran, das zu tun; das stimmt – bis zu 0,5 Prozent des BIP an zusätzlichen Geldern nach Brüssel zu transfe­rieren sind. – Wissen Sie, wie viel das ist? Das sind rund 11 Milliarden €! Und da sagte Herr Grasser in Frankfurt, dass Deutschland das noch zusätzlich nach Brüssel transfe­rieren soll! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber er gilt noch, Herr Professor!) Das wird die wirt-


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