erwarten wir von Europa? Was sind unsere Vorstellungen bezüglich der künftigen EU-Verfassung?
Ich darf in den folgenden Punkten kurz zusammenfassen, was wir Grüne vom künftigen Europa erwarten, wie wir Europa, das Europa der 25, in der Zukunft gestalten wollen:
Wir wollen erstens ein demokratischeres, ein demokratisches Europa. Das heißt: Wir wollen die Rechte des Europäischen Parlaments stärken. Das ist ein nicht unwesentlicher Punkt, denn hier kommt es sehr darauf an, was dann tatsächlich in der Europäischen Verfassung stehen wird. – Erster Punkt also: Stärkung des Europäischen Parlaments, Aufwertung des Europäischen Parlaments.
Zweitens: Wir brauchen eine handlungsfähige Union, eine entscheidungsfähige Union. Es wird mit den EU-25 nicht leichter werden als mit den EU-15. Das heißt konkret, wir müssen die Mehrheitsabstimmungen, das Prinzip der Mehrheitsabstimmung ausbauen im Vergleich zum bisherigen, sehr häufig – zu häufig – vertretenen Prinzip der Einstimmigkeit. Anders wird das Europa der 25 Mitglieder scheitern. Wir kennen Beispiele aus der Geschichte. Vielleicht sollten wir auch unseren polnischen Freundinnen und Freunden einmal die Geschichte des 18. Jahrhunderts in Erinnerung rufen, als nämlich dort das liberum veto der damaligen „Aristokratenrepublik“ – unter Anführungszeichen – gültig war. Dieses liberum veto, das Vetorecht jedes einzelnen Mitgliedes, hat zum Scheitern des polnischen Parlaments geführt. – Das können wir nicht, das wollen wir nicht, und das werden wir auf europäischer Ebene nicht wiederholen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Wir brauchen drittens ein soziales Europa. Ja, wir brauchen ein Europa, das weitaus mehr ist als ein gemeinsamer Binnenmarkt – gemeinsame Wettbewerbsregeln sind wichtig, aber sind nicht das Einzige –, wir brauchen einen Fokus auf die Arbeitsmarktprobleme und insbesondere auf die Wachstumsprobleme, das wirtschaftliche Wachstum der EU.
Was ich bisher vermisst habe, Herr Kollege Scheibner – weil Sie mich gerade anschauen –, ist eine Stellungnahme des Bundeskanzlers – aber sie wird ja vielleicht noch kommen, spätestens bei unserer Dringlichen Anfrage – zum so genannten Stabilitätspakt der Union. Dieser Pakt fördert weder Stabilität noch Wachstum – das ist leider so. Und wenn wir das Wachstumsziel ernst nehmen, dann müssen wir uns etwas anderes einfallen lassen als den Schwachsinn des derzeitigen Finanzministers – noch Finanzministers –, Staaten, die die 3-Prozent-Regel verletzen (Abg. Mag. Molterer: Das ist ein ...vorschlag, Herr Kollege, nicht „Schwachsinn“!), das Stimmrecht in der Union zu entziehen. Das ist abenteuerlich, Herr Kollege Molterer, und wirtschaftspolitisch völlig unsinnig! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Wir brauchen viertens ein ökologisches Europa, eines, das die selbst gewählten Umweltstandards ernst nimmt, kontrolliert, überwacht, und insbesondere ein AKW-freies Europa. Diesbezüglich sind die konservativen Regierungen, der konservative Teil der jetzigen Bundesregierung gefordert. Es sind insbesondere konservativ regierte Staaten, die derzeit eine Renaissance der Atomkraft in Europa betreiben, zum Beispiel Frankreich und Bayern. Bayern ist bekanntlich nicht rot-grün regiert, Bayern ist seit Jahrzehnten – wenn ich nicht irre, seit dem Krieg – von der CSU regiert, einer Partei, die der ÖVP sicher nicht fern steht. Vielleicht setzen Sie sich einmal mit Ihren Kollegen in München in Verbindung! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Ein ökologisches Europa heißt auch – das merke ich hier en passant an –, dass man die Verdienste von Kommissar Fischler parteiübergreifend würdigt. Fischler hat eines der schwierigsten Ressorts innerhalb der Europäischen Kommission gehabt. Die Landwirtschaft ist ein höllisches Ressort – jeder, der sich nur am Rande damit beschäftigt,