Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 23

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weiß das –, und innerhalb des Rahmens, den er hat – hatte, muss man jetzt schon fast sagen –, innerhalb der Restriktionen, unter denen er arbeiten musste, unter dem Druck der europäischen Agrarindustrielobby, hat er sehr viel erreicht und hat immer wieder versucht, auch der österreichischen Landwirtschaft, den österreichischen Bauern und Bäuerinnen sozusagen den Rücken freizuhalten. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ, der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Sie nicken jetzt, Herr Kollege Molterer, und ich freue mich, dass Sie dieser Bemerkung zustimmen – auch Herr Grillitsch stimmt ihr offenbar zu. Ich kann mich aber an etliche Fälle aus der Vergangenheit erinnern (Abg. Mag. Molterer: Wo wir anderer Meinung waren! – Abg. Grillitsch: Im Detail!), wo Fischler dringend Unterstützung aus Öster­reich gebraucht hätte und sie von den Grünen erhalten hat, aber nicht von der ÖVP. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Man muss nicht immer einer Meinung sein!) – Das stimmt! Es freut mich, dass Sie das zugeben! (Abg. Mag. Molterer: Wenn man nicht überzeugt ist, dass das richtig ist, kann man eine andere Meinung äußern, Herr Kollege Van der Bellen! Meinungsfreiheit gibt es!)

Zusammenfassend: Wir schätzen Kommissar Fischler sehr. Wir würden uns freuen, wenn er die Chance hat, Präsident der Kommission zu werden. (Abg. Mag. Mainoni: Um Gottes willen!) Wir hielten ihn für einen ausgezeichneten Kandidaten angesichts der Verdienste, die er sich erworben hat in diesem Amt, in der Kommission und in der Landwirtschaftspolitik, die ein enorm schwieriges Politikfeld ist, eines, das sehr heikle Kompromisse erfordert und bei dem es sehr darauf ankommt, inmitten dieser Schlan­genlinien der Landwirtschaftspolitik (Abg. Mag. Molterer: „Schlangengruben“!) das Fernziel im Auge zu behalten. Das ist ihm, so glaube ich, sehr gut gelungen.

Die Grünen wollen, fünftens, eine gemeinsame Außenpolitik der Union – und das ist mehr, Herr Bundeskanzler Schüssel, als ein formaler Außenminister der Union, das ist viel mehr! Von dieser Entwicklung der gemeinsamen Außenpolitik sind wir meilenweit entfernt. Solange wir diese gemeinsame Außenpolitik aber nicht haben, finden wir es abenteuerlich, von einer gemeinsamen Militärpolitik, gemeinsamen Verteidigungspolitik auch nur zu sprechen, denn dann fehlt ja jede Basis, jede Voraussetzung für eine gemeinsame Militär- und Verteidigungspolitik. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Wir sind gerne bereit, über die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu sprechen, aber zwei Dinge sollten außer Streit sein. Das braucht zumindest zwei Vor­aussetzungen: Erstens eine gemeinsame Außenpolitik, die diesen Namen verdient – als Vorstufe –, und zweitens eine parlamentarische Fundamentierung der Europäi­schen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Ohne diese parlamentarische Absiche­rung – und damit meine ich jetzt selbstverständlich das Europäische Parlament – wird es nicht gehen. Wir, die Grünen zumindest, wollen keine gemeinsame Verteidigungs­politik, die ausschließlich auf Ratskonferenzen, ausschließlich auf Beschlüssen der so genannten Reichsfürsten basiert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Joschka Fischer als „Reichsfürst“ – das ist gut!)

Und wir wollen – das ist, glaube ich, aus dem Bisherigen schon klar geworden – als Basis der künftigen europäischen Verfassung den Konventsentwurf – nicht irgend­etwas anderes, sondern wir wollen jenen Entwurf, den der Europäische Konvent, an dem auch österreichische Abgeordnete aus allen Fraktionen beteiligt waren, erarbeitet hat. Wir wollen diesen Konventsentwurf! Wir sind von tiefem Misstrauen erfüllt gegen­über der Tatsache, dass am 14. Juni – einen Tag nach der Wahl zum Europäischen Parlament – schon die Regierungskonferenz zur, wie der Herr Bundeskanzler meinte, Verbesserung des Konventsentwurfs beginnt. Wir befürchten ganz im Gegenteil eine Verwässerung des Konventsentwurfs! Das ist der Dissens, den wir derzeit haben. (Beifall bei den Grünen.)

 


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