ein „Schwachsinn“ oder „Schwachsinn über
Briefleichen“, wie es Kollege Van der Bellen ausgedrückt hat. (Abg. Dr. Van der Bellen: Genau so!)
Ich will jetzt nicht sagen, dass das scheinheilig ist, denn sonst würde ich vielleicht einen Ordnungsruf bekommen, und dieses Wort nehme ich auch nicht in den Mund, aber man sollte doch ehrlich sein, meine Damen und Herren: Wir haben viele Gelegenheiten, über Europapolitik zu reden – ich hoffe, nicht nur in salbungsvollen Worthülsen, sondern auch dann, wenn es darum geht, Kritik zu üben, Kritik auch an Verhaltensformen in der Europäischen Union, an den Mechanismen der Europäischen Union. Es kann nicht so sein, dass man dann hier gleich als Europakritiker oder Europagegner diskreditiert wird. Aber selbstverständlich muss man doch offen und ehrlich zugeben, dass in einer Europawahlkampagne über alle Vorzüge der jeweiligen Konzepte und auch der jeweiligen Kandidaten, aber auch über die Nachteile und negativen Aspekte diskutiert wird und auch diskutiert werden soll. Das soll man wohl auch hier offen zum Ausdruck bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Natürlich ist es gut und immer gut, wenn wir über die Europäischen Union und die Entwicklung dieser Europäischen Union diskutieren. Aber man sollte sich auch offen und ehrlich zu den jeweiligen Konsequenzen der Forderungen bekennen, Herr Kollege Van der Bellen. Sie haben sehr zu Recht, wie alle anderen auch, hier das Friedensprojekt der Europäischen Union in den Vordergrund gestellt und auch begrüßt. Auch ich tue das – keine Frage. Eine der Wurzeln der europäischen Einigung waren ja die schrecklichen Ereignisse und Erfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg, aber selbstverständlich auch der Kriege davor, worauf man gesagt hat: Das darf sich in Europa nicht mehr ereignen! Es darf nicht mehr vorkommen, dass sich europäische Nationen bekriegen, Millionen an Toten zu beklagen sind. Wir müssen eine Organisation schaffen, wo Konflikte auf demokratische, auf menschliche, auf humane Art und Weise abgewickelt werden können. – Das war am Beginn, und selbstverständlich ist das die Erfolgsgeschichte der Europäischen Union.
Wir können aber nicht von dieser Geschichte leben und für die Zukunft nichts weiter tun, sondern aus diesem Friedensprojekt der Europäischen Union muss auch ein Sicherheitsprojekt der Europäischen Union werden. Es reicht nicht, wenn wir sagen: Deutschland wird nie wieder Krieg gegen Frankreich führen. Österreich wird nie wieder Krieg gegen Italien führen. – Das ist Gott sei Dank selbstverständlich geworden, aber das reicht nicht.
Wenn wir uns zu dem Projekt der Sicherheitsunion bekennen, wobei wir zu Recht auch beklagen, dass heute die Vereinigten Staaten die Einzigen sind, die politisch und militärisch die Möglichkeit haben, Krisenbewältigung unter Beweis zu stellen und auch aktiv zu intervenieren – wobei wir zu Recht auch kritisieren, wie das etwa im Irak unter Missachtung aller rechtsstaatlichen, völkerrechtlichen und menschenrechtlichen Prinzipien geschieht –, dann ja, dann bekenne ich mich auch dazu, dass wir aus diesem Europa, aus dieser Europäischen Union auch ein Instrument für eine weltweite Sicherheitspolitik machen müssen, die auch einen Kontrapunkt zu einer Sicherheitspolitik darstellt, die sich nur militärisch versteht.
Aber, Herr Kollege Van der Bellen, wenn man dann gleichzeitig sagt: Die Mittel und die Instrumentarien in diese Richtung lehnen wir ab, denn mehr investieren in Sicherheitsaufgaben, zu versuchen, auch die militärischen Einrichtungen, die militärischen Strategien zusammenzuführen, das lehnen wir alles ab!, dann ist das inkonsequent. Zum einen zu sagen: Ja, diese Vision wollen wir!, aber den Weg dorthin dann nicht bestreiten zu wollen – das ist nicht der richtige Weg in diese Sicherheitsunion, so wie wir uns das vorstellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)