Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 36

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lionen € in Österreich bleiben und nicht in die Europäische Union gehen, so halte ich das als österreichischer Minister für Soziales für gut, weil wir damit mehr Geld im Inland zur Verfügung haben. Und ich gebe Kollegem Van der Bellen, der meint, dass Herr Kollege Grasser da etwas zu knausrig mit der Förderung der Europäischen Union sei, nicht Recht, sondern bin der Meinung, dass wir jeden einzelnen Euro brauchen, um gerade hier in Österreich Beschäftigung und Arbeit zu schaffen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.)

Wenn wir uns die Arbeitslosenzahlen in Österreich ansehen, so sind wir Gott sei Dank weit vor vielen sozialdemokratisch und grün geführten Ländern der Europäischen Uni­on, was die Beschäftigung betrifft. Wir liegen im Spitzenfeld. Wir sind bei der Jugend­beschäftigung Spitze, wir sind bei der Beschäftigung insgesamt im Spitzenfeld, und wir sind Gott sei Dank auch in einem Aufholprozess, was die Beschäftigung der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betrifft – und das, sehr geehrte Damen und Herren, ist gut so! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Verzeihen Sie mir, sehr geehrte Damen und Herren, dass ich auch hier in manchen Punkten der Diskussion eine andere Sicht als die Opposition habe. Wir brauchen in einem Europa der Zukunft auch engagierte Menschen, die die Eigenart ihres eigenen Landes voll vertreten.

Die Konzeption der Gründerväter der Europäischen Union ist von ihrer Erfahrung aus­gegangen. Ob der Franzose Schuman, der Deutsche Adenauer oder der Italiener de Gasperi – im Übrigen drei deutschsprachige Politiker, die alle aus den ehemaligen Kriegszonen des Ersten und Zweiten Weltkrieges ihre Erfahrungen für das Friedens­projekt Europa gesammelt haben –, sie alle haben dieses Europa auch als ein Europa der Vielfalt und nicht als ein Europa des Einheitspreises dargestellt.

Wenn ich sehe, dass in meiner Zeit als Jugendminister im Vergleich zu meinen Vor­gängerinnen im Bereich der österreichischen Innenpolitik gerade der Jugendaustausch und die Förderung von Jungendprogrammen um mehr als 25 Prozent im Vierjahres­abstand gesteigert werden konnten, dann meine ich, dass wir von Seiten der österrei­chischen Regierung, um diesem friedenfördernden Projekt in Europa eine Chance zu geben, mehr getan haben als viele andere vor uns.

Ich meine auch, dass es legitim ist, hier im österreichischen Parlament darauf aufmerk­sam zu machen. Es wundert mich immer, dass sich die Sozialdemokratie ihrer his­torischen Verantwortung nicht bewusst ist, dass auch die Menschenrechte für die alt­österreichischen deutschsprachigen Minderheiten selbstverständlich nicht teilbar sein dürfen. Die März-Ereignisse des Jahres 1919, als Hunderte demonstrierende deutsch­sprachige Alt-Österreicher von Tschechen niedergeschossen worden sind, waren Demonstrationen nach einem Aufruf der damaligen Sozialistischen Partei. Daher sollte, so meine ich, gerade die Sozialdemokratische Partei heute in ihrer Tradition für diese Frage mehr Sensibilität und mehr Kontinuität auch in Europa haben.

Ich wünsche mir, dass das neue Europaparlament nicht so wie das alte nur einen kur­zen Moment lang eine Mehrheit auch für die Menschenrechte für die altösterreichi­schen Minderheiten hat, sondern stetig dafür kämpft, dass es für alle Minderheiten und für alle Volksgruppen in Europa, auch für die altösterreichischen Minderheiten, volle Menschenrechte gibt und nicht immer noch totes Recht judiziert wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich weiß, wovon ich spreche, sehr geehrte Damen und Herren! Manche der heutigen Prozesse, die in unserem Nachbarland Tschechien erledigt werden und bei denen es um Entschädigungsfragen und um Fragen der Anerkennung von Menschenrechten und von Haftzeiten geht, sind immer noch von den Beneš-Dekreten geprägt. Die Beneš-Dekrete sind leider nicht totes Recht, wie uns das immer weisgemacht wird. In


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