sprochen.
Das konservativ regierte Frankreich hat vor wenigen Tagen den Bau einer neuer
Generation von Atomreaktoren beschlossen. Der slowakische Wirtschaftsminister
Pavol Rusko hat die Fertigstellung der Blöcke 3 und 4 des AKW Mochovce
angekündigt und sogar die slowakische Schließungsverpflichtung für den
Hochrisikoreaktor Bohunice in Frage gestellt, obgleich dies per
Beitrittsvertrag im EU-Primärrecht verankert ist. In Temelin reißt die
Störfallserie nicht ab, am 2. Juni kam es zum bereits 64. Zwischenfall.
In Großbritannien, Russland, Ukraine, Bulgarien, Frankreich, Rumänien,
Tschechien, Finnland, Litauen sind insgesamt mehr als 30 Atomkraftwerke in
Bau oder Planung. Darunter in Russland sogar ein Reaktor vom Typ Tschernobyl.
Diese
Wiederbelebung der EU-Atomindustrie droht von der EU-Kommission durch Millionen-Kredite
unterstützt zu werden. Denn der Euratom-Vertrag räumt der Kommission unter
anderem die Vergabe von günstigen Krediten an EU-Staaten und Drittländer ein.
Erst vor wenigen Wochen hat die EU-Kommission einen Kreditantrag für den Bau
des rumänischen AKW Cernavoda II in der Höhe von
223,5 Millionen € bewilligt. Das bisher mit 4 Milliarden €
limitierte Euratom-Kreditvolumen soll auf 6 Milliarden € aufgestockt
werden. Das Europaparlament hat bei Euratom-Entscheidungen kein
Mitspracherecht.
Eine
Reform des Euratom-Vertrages ist daher der Schlüssel für den Europäischen Atomausstieg.
Auf Initiative der Grünen ist es im EU-Konvent gelungen, den Euratom-Vertrag
aus der EU-Verfassung herauszulösen, damit den Weg für eine grundlegende Reform
zu ebnen und einzelnen Staaten die Option eines Ausstiegs aus Euratom zu
eröffnen, ohne aus der EU austreten zu müssen. Derzeit besteht die Gefahr, dass
das Konventsergebnis bei der EU-Regierungskonferenz wieder zunichte gemacht
wird. Zentrales Anliegen muss die rasche Einberufung einer
Euratom-Revisionskonferenz sein, wie dies auch das Europäischen Parlament
verlangt hat. Leider hat die Bundesregierung ihre bisherigen
Lippenbekenntnisse nicht in die Tat umgesetzt. Weder gab es einen Antrag
Österreichs bei der EU-Regierungskonferenz im Herbst 2003 noch hat die
Bundesregierung eine Euratom-Reform zum Schwerpunkt für die österreichische
EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 erklärt. Betreffend die drohende
Aufstockung des Euratom-Kreditvolumens hat die Bundesregierung eine klare
antiatompolitische Position vermissen lassen. Sie will zusätzlichen
EU-Atommilliarden selbst dann zustimmen, wenn mit diesen Geldern in Bau
befindliche AKW fertig gestellt werden.
Die
Bundesregierung wäre in der Antiatomfrage alleine auf Grund des in Österreich
bestehenden Verfassungsverbotes von Atomkraft angehalten, eine Pionierrolle in
Europa einzunehmen. Leider beschränkt sich die Antiatompolitik der
Bundesregierung hauptsächlich auf das Produzieren von innenpolitischen
Medienschlagzeilen, während sie in Brüssel durch Mutlosigkeit gekennzeichnet
ist.
Zudem
will die Bundesregierung die einzig ökologisch und sozial vernünftige Alternative
zu Atomenergie, nämlich den Ausbau der erneuerbaren Energieträger, blockieren.
Das Ökostromgesetz soll zerschlagen werden. Dadurch wird Österreich das per
EU-Richtlinie vorgegebene Ziel zur Steigerung des Ökostromanteils verfehlen.
Stattdessen werden die Atomstromimporte steigen. Große wirtschafts- und
arbeitsmarktpolitische Chancen drohen dadurch fahrlässig vertan zu werden.
Finanzminister
Grasser ist im ECOFIN-Rat – jenseits aller verfassungsrechtlichen Verpflichtungen
gegenüber dem österreichischen Nationalrat (wie der Informationspflicht nach
Art. 23e B‑VG) – für eine Beschneidung der Budgetrechte des
Parlaments eingetreten. Die Budgetkompetenz des Europäischen Parlamentes ist
gefährdet. Die Reduktion des EU-Budgets bei gleichzeitiger Abwälzung
zahlreicher Aufgaben auf Europa entspricht einer politischen
Selbstausschaltung. Mit jeder neu definierten Aufgabe muss eine entsprechende
Budgetierung einhergehen.