Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 69

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was die Position der Freiheitlichen dazu ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ. – Abg. Scheibner: Wer bezahlt für Europa die Verteidigungsstruktur, Herr Kollege? Das muss man dazusagen!)

Ich habe es schon in meiner ersten Rede gesagt: Wenn Sie von den Grünen erwarten, dass wir einer Verdreifachung des österreichischen Rüstungsetats zustimmen (Abg. Scheibner: Das wollen Sie auch nicht! Und die NATO wollen Sie auch nicht!), während Sie gleichzeitig für die Anschaffung der so genannten Eurofighter Milliarden beim Fens­ter hinauswerfen – ich meine, für wie bescheuert halten Sie uns? (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Scheibner: Nicht bescheuert, aber inkon­sequent!)

Sie können uns viel vorwerfen, Herr Kollege Scheibner, aber inkonsequent ist es sicher nicht, gegen die Anschaffung der Eurofighter zu sein (Abg. Scheibner: Doch! Für Sicherheit in Europa, aber gegen die NATO!), gleichzeitig für eine Modernisierung des Bundesheeres, weil dieser Ankauf dieser sinnlosen Flieger genau den Umbau des Bundesheeres zu einer sinnvollen neuen Struktur behindert. Sie als ehemaliger Vertei­digungsminister wissen das genauso gut wie ich. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler, betrachten Sie das bitte nicht als Wortklauberei, wenn wir sehr nervös werden, wenn im so genannten Teil I des Konventsentwurfs zur Europäischen Verfassung das Wort „Vollbeschäftigung“ als Ziel steht, im Teil III aber von der Re­gierungskonferenz etwas hineingefügt wird, so quasi als Umsetzungsrichtlinie dieses Ziels der Vollbeschäftigung, wo aber nicht „Vollbeschäftigung“ steht, sondern „hohes Beschäftigungsniveau“.

Herr Bundeskanzler, das sind verschiedene Dinge! Vollbeschäftigung ist anders defi­niert, ist ein anderes Ziel als ein hohes Beschäftigungsniveau. Ein hohes Beschäfti­gungsniveau – ich werde das jetzt nicht im Detail ausführen – ist auch mit einer relativ hohen Arbeitslosigkeit vereinbar, Vollbeschäftigung nicht. Das wissen alle, und ich darf davon ausgehen, dass auch der Bundeskanzler das gewusst hat. Nichtsdestoweniger ist von der Regierungskonferenz gerade in diesem Punkt vom Konventsentwurf abge­gangen worden. Und das ist die Frage: Warum? Warum machen Sie dieses Scheunen­tor auf, vom Ziel der Vollbeschäftigung – ich weiß ja, wie schwierig das zu erreichen ist; darum geht es nicht – abzuweichen und das gleich postwendend durch eine weichere Formulierung de facto aufzugeben?

Das ist der Eindruck, den man als Bürger bekommt: Einerseits beschwören Sie auch in der Regierungskonferenz: Sicher, Arbeitsmarkt, Beschäftigung, Vollbeschäftigung, das wollen wir doch alle!, aber andererseits, dort, wo es konkret wird, dort drücken Sie sich, dort suchen Sie sofort nach weicheren Formulierungen, die Sie dann zu nichts mehr verpflichten.

In diesem Zusammenhang noch einmal, Herr Bundeskanzler, zu Stabilität und Wachs­tum. Niemand in diesem Raum wird wahrscheinlich bestreiten, und ich zuletzt, dass das wichtige Ziele sind, aber der jetzige Pakt, der so genannte Pakt zur Förderung von Stabilität und Wachstum in der Union bewirkt in Tat und Wahrheit das Gegenteil.

Zufällig blätterte ich gestern in alten Unterlagen der „Zeit“ – „Die Zeit“ ist bekanntlich
so groß und lang, dass man es kaum wirklich schafft, sie zu lesen – und fand einen Artikel von Mitte April (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch) – „Die Zeit“, das Magazin –, in dem der Nobelpreisträger Robert Solow zitiert wird. Robert Solow ist nicht irgendwer, Herr Kollege Scheuch von der FPÖ, er ist ein Nobelpreisträger der Ökonomie, Professor am Massachusetts Institute of Technology, einer der anerkann­testen Leute auf diesem Gebiet, nämlich der Wachstumspolitik, und, wenn ich das noch hinzufügen darf, eine Spur moderner als Mises und Hayek, die ihre Großtaten in


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