Die Vollbeschäftigung, Herr Professor, ist vollkommen unberührt geblieben. Das, was der Konvent als Ziel vorgeschlagen hat, ist unberührt geblieben. Neu hinein kam ein belgischer Vorschlag, den wir aber unterstützt haben, nämlich eine Sozialklausel einzufügen, wonach bei allen Politiken die Auswirkungen auf das hohe Beschäftigungsniveau und den Sozialschutz Priorität haben sollen. Das haben wir eigentlich aus vollem Herzen unterstützt. – Das ist keine Verwässerung, entgegen dem, was Sie hier behauptet haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Abgelehnt hat eine ganze Reihe von Ländern – auch wir – den Vorschlag eines Legislativrats. Ich weiß, Sie waren dafür, aber ich habe als Praktiker wirklich größte Bedenken. Ich bin dafür, dass die Fachminister, die ja auch den nationalen Parlamenten und dem Parlament hier verantwortlich sind und die auch die fachliche Kompetenz haben, in diesen Fachministerräten die Entscheidungen treffen – und nicht irgendein Sitzredakteur, der nach Brüssel geschickt wird und keine Anbindung zur konkreten, reellen Praxis hat. Das ist meine Meinung. Wir waren damit nicht allein: Eine überwältigende Mehrheit von Mitgliedstaaten hat das getragen, und das ist, so glaube ich, auch heute von jedem akzeptiert.
Nun zu den heiklen Fragen, die ich zuerst nicht ausführen konnte, zum Übergang zur qualifizierten Mehrheit und zur Stimmgewichtung. Wir wollten mehr Mehrheitsabstimmungen in der Außenpolitik, Steuerpolitik und Sozialpolitik. Ich meine, dass das sehr gut gewesen wäre. Aber ich frage Sie zurück: Wollen wir einen Kompromiss oder wollen wir jetzt Hardliner spielen? Wollen wir eine Verfassung schaffen, die Sie zu Recht hier eingemahnt haben, auch Caspar Einem und viele andere Redner, oder wollen wir jetzt justament alle Bedenken, die andere Mitgliedstaaten haben, zur Seite wischen, über sie drüberfahren und sagen, nein, dann gibt es eben überhaupt keine Europäische Verfassung? – So ist das zu verstehen. Nicht, dass ich unser Ziel plötzlich geringer achte, aber eine gewisse Kompromissfähigkeit gehört mit dazu.
Dazu kommt jetzt die Frage der Stimmgewichtungen. Wir sind – das ist unsere gemeinsame Position – für das, was etwa in der Schweiz das doppelte Mehr ist: Man braucht die Zustimmung der Bevölkerung und die Zustimmung der Stände. In der Europäischen Verfassung wäre das quasi die Mehrheit der Bevölkerung und die Mehrheit der Mitgliedstaaten, 50 : 50. Das wäre ideal. Der Konvent hat einen Kompromiss gemacht. Er hat gesagt: 50 Prozent Staaten, 60 Prozent Bevölkerung. Beides hat nicht funktioniert – ich sage das hier auch ganz offen.
Meine logische Position ist nach wie vor die gleiche Parität. Wir, die like-minded countries, haben gesagt: Na gut, wir können uns am Ende in einem Gesamtpaket, in dem die Kommission, die Teampräsidentschaft, das Stimmgewicht enthalten ist, durchaus bewegen, aber wir wollen, dass die Unterschiede zwischen dem Staaten- und dem Bevölkerungskriterium nicht zu groß werden. Ich würde anregen, dass wir dieses Thema in den Tagen der oder von mir aus auch parallel zur Verfassungskonferenz noch einmal besprechen, denn ich will hier nicht alleine vorgehen. Es ist sehr wichtig, dass wir den Geleitzug vieler anderer gleich gesinnter mittlerer oder kleinerer Mitgliedstaaten ernst nehmen, dass wir hier ein institutionelles Gesamtpaket haben, in dem vor allem die Gleichheit der Mitgliedstaaten, gleichberechtigte Rotationen und die gleichberechtigte Möglichkeit, eine wichtige Position einzunehmen, gewahrt bleiben. Das ist ein wichtiges Prinzip. Ich glaube, dass Sie mir – hoffentlich – in diesem Bereich auch zustimmen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Nun, genauso ist es aus meiner Sicht eine Verbesserung, dass wir – das war, so glaube ich, ein Versehen, aber es ist auf unseren Wunsch hin hineingekommen – die Preisstabilität oder monetary stability, wie es ja in den Zielen der gemeinsamen Währung immer außer Streit gestanden ist, genauso verankern wie eben die Beschäfti-