Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 78

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Nicht heute, Herr Kollege Khol, sondern in einer öffentlichen Stellungnahme, wo es darum gegangen ist, ob wir genug über die Europäische Union diskutieren. Ich suche Ihnen das gerne noch heraus.

Aber nun zu Ihren Antworten, Herr Bundeskanzler.

Was die Abweichungen vom Konventsvorschlag, die Sie aufgezählt haben, angeht, kann ich auf Grund der knappen Zeit nur einige herausgreifen. Wenn Sie sagen, in Sa­chen Vollbeschäftigung sei der Konventsentwurf unberührt geblieben, es sei das Ziel der Vollbeschäftigung damit nicht in Frage gestellt, möchte ich dazu anmerken: Wer sagt, dass in den konkreten Politiken dann jenseits des Ziels der Vollbeschäftigung nur mehr das hohe Beschäftigungsniveau berücksichtigt werden muss, nimmt in Kauf, dass eine hohe Arbeitslosigkeit noch immer im freien Interpretationsspielraum liegt – und das halte ich für absolut falsch! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie haben sich auch dafür auf die Schulter geklopft, dass Sie die Frage der Preisstabili­tät in die Zielsetzungen mit hineingenommen haben. Herr Bundeskanzler, ich erinnere mich an die vormittägliche Diskussion: Das, was Ihnen als Erstes zum Thema Euro­päische Union eingefallen ist, war der Euro. Jetzt ist es die Preisstabilität. Alles ande­re – sei es Vollbeschäftigung, seien es soziale Rechte, seien es Umweltfragen, sei es vor allem EURATOM – fällt den Vertreterinnen und Vertretern der ÖVP – aber vor allem Ihnen! – spät oder gar nicht ein. (Abg. Ellmauer: Falsch!) Das ist, glaube ich, ein schlechtes Signal für die Regierungskonferenz. (Beifall bei den Grünen.)

Zu Ihrer Anmerkung in Bezug auf die so genannten Red Lines oder Purple Lines der einzelnen Staaten und dass man diese natürlich nicht überspringen dürfe: Herr Bun­deskanzler, wenn man alle Purple Lines, also alle unverzichtbaren Themen, die jedes Land für sich einbringt, summiert, dann haben wir die Blockade der europäischen Poli­tik, und zwar auch in Politikbereichen, die uns sehr wichtig sind.

Herr Bundeskanzler, ich bitte Sie, zu berücksichtigen, dass der Abtausch der unter­schiedlichen Interessen, der üblicherweise in Regierungskonferenzen stattfindet, für Parlamentarier nicht akzeptabel ist und nicht hingenommen werden kann. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte aber vor allem auf zwei Themen noch eingehen. Das eine ist die Frage des Zusammenhangs zwischen der so genannten strukturierten Zusammenarbeit – ist gleich militärisches Kerneuropa – und dem, was der NATO-Konnex ist.

Sie haben zwei Zitate gebracht. Ich bringe Ihnen ein drittes, aus dem klar hervorgeht, wo die Intentionen liegen. In dem gemeinsamen Vorschlag steht explizit drinnen – ich zitiere –:

„Die Verpflichtungen und die Zusammenarbeit in diesem Bereich bleiben im Einklang mit den im Rahmen der NATO eingegangenen Verpflichtungen,“ – so weit, so gut –, „die für die ihr angehörenden Staaten weiterhin das Fundament ihrer kollektiven Vertei­digung und“ – und jetzt kommt’s! – „die Instanz für deren Verwirklichung ist.“

Das heißt: militärische Aktionen unter dem Dach der NATO (Abg. Scheibner: Das ist falsch!), und es ist für mich als Österreicherin und als eine Kämpferin für eine Friedens­politik unzumutbar, das als das oberste Prinzip zu sehen. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Sie in Ihren Interviews im Ausland dann sagen: Europa macht ein bisschen was im Frieden, und den Krieg erledigt die NATO für uns!, dann ist das eine Rollenvertei­lung in der globalen Sicherheitspolitik, die völlig falsch ist und die Europa aus den wich­tigen, zentralen Diskussionen über globale Sicherheit hinausdrängt. (Abg. Scheibner: Sie wollen es sachlich und bringen hier unerträgliche Falschheiten vor!)

 


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